werden 60 Leute benötigt um ein
Haus zu versetzen. In der Weberei
der Dorze konnten wir bei der Her-
stellung der im ganzen Land be-
kannten Stoffe zusehen und diese
auch kaufen. Eine Kaffeeplantage
lag direkt an unseremweiteren Weg
und so nutzten wir die Möglichkeit,
diese zu besichtigen. Wir sahen,
wie die Bohnen in mühevoller und
zeitaufwendiger Handarbeit be-
arbeitet werden, bevor wir unsere
Tasse Kaffee genießen können.
Mit einem Ausflug zum und einem
Blick vom Kraterrand des Mount
Wenchi (3.386 Meter) auf den
wunderschönen Kratersee und die
mittendrin liegende Klosterinsel
nahmen wir Abschied von diesem
faszinierenden Land, denn um
Mitternacht ging unser Flug zurück
nach Deutschland.
Unvergessliche Eindrücke
Drei Wochen des Reisens durch
Nord- und Südäthiopien waren
vergangen. Die Fülle an besuchten
Orten, Sehenswürdigkeiten und Be-
gegnungen ermöglichte faszinieren-
de Einblicke in den landschaftlichen,
kulturellen und historischen Reich-
tum des Landes. Mit einem tiefen
Gefühl für die erstaunliche Vielfalt,
die anrührenden Verschmelzungen,
aber auch spannungsreichen Kon-
traste Äthiopiens versehen, konnten
wir nicht glauben, dass wir in dieser
Zeit nur ein Land besucht haben.
In historischer Hinsicht wandelten
wir auf den Spuren einer mehrtau-
sendjährigen Kultur-, Religions- und
Staatsgeschichte und unternahmen
eine Zeitreise, die uns von den alter-
tümlichen Palastruinen und Stelen
imReich der Königin von Saba, über
die beindruckenden Felsenkirchen
des äthiopischen Mittelalters in
Lalibela zur höfischen Kultur der
Gondar-Zeit, bis hin zur modernen
Nationalstaatswerdung führte.
Landschaftlich verlief unser Weg
durch das zerklüfteteAmhara-Hoch-
land, die trockenheißen Halbwüsten
der Nordprovinz Tigray, das insel-
artige, fruchtbare Klima der Graben-
bruchseen und die lebenswidrigen
Dornbuschsavannen imGebiet des
unteren Omo-Flusses. Genauso ab-
wechslungsreich wie die Gegenden,
waren die Menschen sowie ihre Kul-
turen und Lebensweisen. Besuche
von Dörfern, Familiengehöften und
Wochenmärkten oder einfach nur
Stopps am Straßenrand ermöglich-
ten eine Vielzahl von interkulturellen
Begegnungen und ein Verständnis
für den Alltag.
Egal, ob wir die Hamer, Mursi, Karo,
Konso, Dorze und die anderen Völ-
ker besuchten, gegenseitige Hem-
mungen waren schnell abgebaut.
Das betraf auch die vielen Begeg-
nungen bei kurzen Stopps zu einem
spontanen Marktbesuch. Schnell
waren wir von zehn bis zwanzig
Kindern und Jugendlichen umringt;
reine Neugier – auf beiden Seiten.
Ein Foto war fast immer möglich.
Unbeschreiblich lebhaft dann die
Reaktionen nach einem Blick auf
das Display des Fotoapparates mit
dem eigenen Abbild.
Die tiefe Religiosität der Amharen
und Tigriner, die riesigen Rund-
häuser der Halaba und Gurage,
der anstrengende Terrassenfeld-
bau der Konso und der reiche
Körperschmuck der Mursi, Hamer
und Karo im Omo-Gebiet sowie
die unnachahmliche Vielfalt des
Landes sind dabei nur einige der
Erfahrungen, die uns ins Staunen
versetzten. Insgesamt war die Reise
durch Nord- und Südäthiopien ein
vollkommen gelungenes Erlebnis,
das mir immer in Erinnerung bleiben
wird.
Doris Strehlow,
ehem. Chefarztsekretärin
Heilig Geist-Krankenhaus
Wochenmarkt der Hamer und Benna
Land und Leute
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CellitinnenForum 4/2017
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