„Maria, breit den Mantel aus, mach
Schirm und Schild für uns daraus,
lass uns darunter sicher stehn, bis
alle Stürm vorübergehn“ – dieses
Lied ist eines der beliebtesten Ma-
rienlieder und dem Motiv der Mut-
tergottes mit einem weiten Mantel,
unter dem sich Menschen schutz-
suchend bergen, begegnet man in
unzähligen Gemälden und Statuen,
die Maria in diesem Bild zeigen.
Die plastischen Darstellungen der
Märtyrerin Ursula als ‚Schutzman-
tel-Heilige‘ und Patronin geben im
Blick auf die Bedeutung der Mutter-
gottes einen guten Hinweis auf die
besondere Verehrung der hl. Ursula
in früherer Zeit.
Kölner Stadtpatronin
Die Legende von der hl. Ursula und
den 11.000 Jungfrauen gehört je-
doch nach wie vor zu den volkstüm-
lichsten Lebensbeschreibungen
von Heiligen überhaupt. Mit Köln ist
die Heilige und Stadtpatronin aber
in besonderer Weise verbunden.
Ausgangspunkt und bleibende
Mitte ihrer Verehrung ist die Kirche
St. Ursula in der Nähe des Haupt-
bahnhofs. An der südlichen Wand
des vomKirchenschiff aus gesehen
ersten Jochs des gotischen Chores
befindet sich eine unscheinbare Ta-
fel mit lateinischer Inschrift. Bei der
Errichtung dieses eindrucksvollen
Raums im 13. Jahrhundert wurde
die Tafel aus Kalksandstein dort
eingemauert. Ihre Entstehungszeit
geht auf die Zeit um 400 n. Chr.
zurück. Im ‚feierlichen Stil‘ wird be-
richtet, dass Clematius, ein Senator
aus der östlichen Hälfte des Rö-
mischen Reiches, die Kirche der
‚Heiligen Jungfrauen‘ auf seinem
Grundbesitz an der Stelle ihres
Martyriums aus eigenen Mitteln
von Grund auf erneuert habe. Dies
sei in Erfüllung eines Gelübdes ge-
schehen, das einzuhalten ihn „gott-
gesandte Flammenvisionen“ und
die ihm erschienenen Jungfrauen
selbst „öfters ermahnt“ hätten.
Ausgrabungen während des Zwei-
ten Weltkrieges und 1967 belegten
nach der Clematius-Inschrift die
Existenz einer Vorgängerkirche aus
dem vierten Jahrhun-
dert und ebenso das nach dem
Gelübde errichtete Bauwerk, datiert
in das beginnende fünfte Jahrhun-
dert. Diese Beschriftung ist damit
der früheste Beleg und Hinweis auf
die Verehrung von spätrömischen
Märtyrerinnen, denen offenbar ein
Memorialbau am Ort ihres Mar-
tyriums geweiht war. Neben ihrer
Qualität als bauhistorische Quelle
gilt sie als eine der allerdings we-
nigen Anhaltspunkte für das frühe
Christentum in Köln.
Ein Güterverzeichnis aus dem Jahr
866 erwähnt eine Stiftsgemein-
schaft von Kanonikern an der
Kirche der ‚Heiligen Jungfrauen‘.
Erzbischof Herimann (889 – 924)
stellte dann die 881/882 durch den
Raubzug der Normannen zerstörte
Kirche wieder her und begründete
dort im Jahr 922 ein Damenstift.
Die Gefährtinnen
Der Kult der ‚Heiligen Jungfrauen‘
erhielt im frühen zehnten Jahrhun-
dert Konturen. In dieser Zeit taucht
Wegbegleiter des Lebens XXVI. Teil
Die heilige Ursula
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CellitinnenForum 3/2017
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