Previous Page  39 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 39 / 72 Next Page
Page Background

unter elf nun mit Namen genannten

Jungfrauen Ursula auf, am Ende

dieses Jahrhunderts rückt sie als

Anführerin einer Gruppe von Ge-

fährtinnen in den Mittelpunkt. Aus

der gleichen Zeit stammt auch die

früheste, schriftlich fixierte Form der

Legende in lateinischer Sprache. In

einer zweiten Fassung ist dann vom

Martyrium der 11.000 Jungfrauen

die Rede. Die Vermehrung dürfte

einem Lesefehler geschuldet gewe-

sen sein, indem die Abkürzung ‚XI

M.V.‘ nicht mehr als ‚UndecimMar-

tyres Virgines‘, das heißt elf jung-

fräuliche Märtyrerinnen, sondern

als ‚Undecim Milia Virginum‘, also

11.000 Jungfrauen, verstanden

wurde. Dies wurde sogar plausibel,

als man Anfang des 12. Jahrhun-

derts in der Nähe der damaligen

Ursulakirche Erdreich aushob und

auf ein römisches Gräberfeld mit

zahllosen Gebeinen stieß. Diesen

,Ager Ursulanus‘ (,Ursulaacker‘)

brachte man mit den ‚Heiligen

Jungfrauen‘ in Verbindung.

Die Verehrung erhielt immensen

Aufschwung und war vermutlich

auch der Anlass zum Bau der

romanischen St. Ursulakirche, die

den Kern des heute bestehenden

Gotteshauses bildet. Ab dem 12.

Jahrhundert verbreitete sich der

Kult der Heiligen Ursula und ihrer

Gefährtinnen mehr und mehr, zu-

mal Reliquien aus der Vielzahl der

gefundenen Gebeine in alle euro-

päischen Länder verbreitet wurden.

Dazu entstanden auch jene typi-

schen Reliquienbüsten, die Anmut

und Schönheit der Märtyerjungfrau-

en, vor allem durch das Lächeln,

zeigen, das auf den Gesichtern

liegt.

Auch die in verschiedenen Varian-

ten überlieferte Legende von St. Ur-

sula und den 11.000 Jungfrauen

war äußerst populär – ein dramati-

scher Erzählstoff von europäischer

Dimension, der auch vielfach von

Malern aufgegriffen und in Bilder-

zyklen geschildert wurde.

Ursula soll in Britannien als Toch-

ter eines christlichen Königs auf-

gewachsen sein. Ein heidnischer

König hörte von ihrer Schönheit

und Tugend; deshalb wollte er sie

mit seinem Sohn verheiraten. Die

Werbung durch Gesandte war zu-

nächst erfolglos, weil das Heiden-

tum und das Jungfrauengelöbnis

Ursulas dagegen standen. Als sich

sogar ein kriegerischer Konflikt da-

raus zu entwickeln drohte, hatte

Ursula eine göttliche Eingebung.

Bedingungen für eine Heirat sollten

sein: Der Bräutigam müsse sich

taufen lassen und bis zur Hoch-

zeit eine Frist von drei Jahren ein-

räumen. Innerhalb dieser Zeit wolle

sie mit 11.000 Gefährtinnen eine

Pilgerfahrt nach Rom unternehmen.

Auf der Fahrt rheinaufwärts in Köln

angelangt, erschien Ursula ein En-

gel im Traum mit dem Auftrag, von

Rom nach Köln zurückzukehren,

da es für sie und ihre Begleiterinnen

bestimmt sei, dort den Märtyrer-

tod zu erleiden. Auf der Rückrei-

se, auf der sie sogar vom Papst

selbst begleitet wurden, erfüllte sich

dann das Schicksal der Pilger. Die

Hunnen belagerten Köln und er-

mordeten umgehend die frommen

Frauen mit großer Brutalität. Auch

ihr Bräutigam Aetherius, der das

Christentum angenommen hatte

und Ursula entgegengefahren war,

wurde getötet.

Ursula überlebte zunächst, weil

der Hunnenkönig von ihrer großen

Schönheit beeindruckt war. Als Ur-

sula jedoch empört das Angebot,

seine Frau zu werden, ausschlug,

ließ der abgewiesene König sie mit

einem Pfeil erschießen. Engelshee-

re sollen die Hunnen dann aus Köln

vertrieben haben. Die Kölner aber

sammelten die Toten und begruben

sie in allen Ehren.

CellitinnenForum 3/2017

39

Glauben | Leben