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Marketing-REPORT
20 Jahre aktuell
Die Masche ist nun wirklich nicht
neu: Zunächst mit einem Billig-Ange-
bot einsteigen und dann zur Überra-
schung der Auftragnehmer Zusatzlei-
stungen teuer „verkaufen“.
Wer sich einmal mit dem Thema der
Haustürgeschäfte mit unseriösen Anbietern
beschäftigt hat, kennt genau diese Vorge-
hensweise. Angeboten wird zunächst eine
kleine Reparatur. Im Zuge der Ausführung
wird dann der angebliche Dach-Totalschaden
festgestellt und aus dem 50-Euro-Angebot
wird ein 25.000-Euro-Job.
Genau diesen – zugegebenermaßen dra-
stischen – Vergleich darf der seriöse Dach-
deckerbetrieb beim Kundengespräch mit her-
anziehen, wenn er (wieder einmal) um ein
schnelles, kostenloses Angebot gebeten wird.
Gerne auch mit dem Hinweis, das könne die
Folge sein, wenn ein Angebot mal „auf die
Schnelle“ durch kurze Inaugenscheinnahme
des Daches aus der Ferne gemacht wird. Wer
dann betont, dass ein sorgfältig erarbeitetes
Angebot einen gewissen Zeitaufwand für eine
fachgerechte Bestandsaufnahme und daraus
folgend eine qualifizierte Planung erfordert
(die ein Architekt übrigens auch berechnen
würde), wird wohl kaum auf Widerstände
stoßen. Sollte der Kunde dann trotzdem auf
einem grob geschätzten Angebot bestehen –
Hauptsache kostenfrei – ist dieser Kunde rea-
listisch einzuschätzen: Hier werden entweder
eine ganze Reihe weiterer Kolleginnen und
Kollegen zu einem Angebot aufgefordert, um
sie dann gegeneinander auszuspielen. Oder
für den Kunden ist die Qualität der Arbeit
zweitrangig. Wichtiger ist ihm der Preis.
In jedem Fall wird dies dann wohl kaum
ein Kunde sein, wie man ihn sich als Hand-
werker wünscht. Die Erfahrung zeigt, dass
diese Sorte Kunde die Bezahlung von Zu-
satzleistungen, die sich im Laufe der Arbeit
ergeben, kategorisch ablehnen („Das hätten
Sie mir gleich beim Angebot sagen müssen“)
oder nach Erhalt der Schlussrechnung versu-
chen, den Preis neu zu verhandeln bzw. den
Nachweis für jeden einzelnen Dachpappen-
stift verlangen und ansonsten mit Abzügen
drohen.
Diesen Kunden sollte durchaus ganz di-
rekt die Frage gestellt werden, wer eigentlich
das finanzielle Risiko zu tragen hat, wenn
einerseits auf eine gründliche Vorbereitung
verzichtet werden, andererseits ein möglichst
niedriger Preis abgegeben werden soll? Trägt
das Risiko der Hausbesitzer, dem das Dach
gehört oder der Dachdecker, der es Instand
setzen soll?
Ganz hartnäckige Kunden, die partout
nicht einsehen wollen, dass für eine vorsorg-
lich erbrachte Leistung auch bezahlt werden
muss, sollte der Dachdecker einmal mit ei-
nem Vergleich aus der Autowelt zum Nach-
denken anregen: „Würden Sie von einem
Autohersteller den Teil des Fahrzeug-Kauf-
preises zurückfordern, den die Airbags
kosten – nur weil Sie diese bisher nicht be-
nötigt haben?“
Schließlich gilt für Angebote das Gleiche
wie für jede andere Leistung: Was nichts
kostet, kann auch nichts sein.
Inkl. MwSt. und Risiko
Bei Anfragen darf der Handwerker eine deutliche Sprache sprechen
Es
ist
eigentlich
nicht
so
schwer,
den
Kunden
davon
zu
überzeugen,
dass
die
Investition
in
ein
Angebot
das
Geld
wert
ist.
Das Gesetz der Wirtschaft
Dem englischen Sozialreformer John Ruskin (1819-1900) wird „das Gesetz der Wirt-
schaft“ zugeschrieben. Unabhängig davon, ob er nun tatsächlich der Urheber dieser Thesen
ist: Die folgenden Sätze sollten eigentlich jedem Angebot beigelegt werden:
„Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlech-
ter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich
nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Menschen.
Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezah-
len. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dage-
gen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die
ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.
Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Neh-
men Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen,
etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für
etwas Besseres zu bezahlen“.
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