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LEBENSWEISE UND SITTEN. DIE DICHTKUNST.

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des schaum enden B echers w ar das nordische W eib der

gute Engel des w ildenK riegslebens. D ieL ebensw eiseund die

Sitten w aren streng u n d ra u h , jedoch nicht von allen G ra-

zien u n d Musen v erlassen , nicht ganz aller geistigen Cultur

en tb lo sst, w enn m an auch vergebens eigéntliche W issen-

schaft u n d K unst in dieser Periode suchen w u rd e. E igent-

liche Schrift oder gar L iteratu r existirte n icht in d er v or-

christlichen Periode, doch hatten die B ew ohner des N ordens

eine eigenthiim liche Art von ausseren Zeichen fiir ihre G édan-

ken : die R u n e n , deren E rfindung sich so ins graue A lter-

thum verliert, dass m an sie den G otternzuschrieb. D asW o rt

,,R u n “ b ed eu tet heim lich . u n d die A nw endung d er R unen

mag urspriinglich im Besitz einzelner E ingew eihten gew e­

sen u nd zu m ancherlei m ystischen B eschw orungen gedient

haben. S pater w u rd en dieselben allgem einer, u n d Ge-

sch lech tsreg ister, G esetze, G edichte , G eschichte, w u r-

den auf diese A rt in Holztafeln oder Steine eingegraben

u n d au fb ew ah rt; selbst u n sere jetzige briefliche M itthei-

lung geschah, nach Um standen, d u rch R unen u n d m it-

tels Holztafeln. Auf sein S chw ert , sein H aus , die

Tem pel seiner G otter, die Ehrensiiulen seiner grossen

M anner, die L eichensteine seiner L ieben grub d er D åne

R unen e in , u n d ohne diese w u rd en w ir jetzt u n sern

E inblick in das A lterthum ganz allein d er sp ater aufge-

zeichneten T radition zu v erdanken h aben . Skjaldekunsten

(die Dichtkunst) w ar hochgeehrt u n d ihren P riestern w ard

ebensow ohl U nsterblichkeit, w ie denen der T apferkeit. Das

Volk lauschte dem D ichter, w enn er seine L ieder sang, u n d

die Konige empfingen ihn m it nicht geringerer A uszeich-

n u n g , als den H eld en ; ohne seine G esange, die Ja h rtau -

sende h in d u rch im M unde des Volkes le b te n , w årén ja sie

u n d ih re T haten in Y ergessenheit gerathen. D er V or- und

M itwelt grosse K riegsthaten bildeten gew ohnlich den In -

h alt seiner G esange, doch w ar auch die stille T h a t, die