Previous Page  45 / 68 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 45 / 68 Next Page
Page Background

Zweimal im Jahr reist ein deutsches

Team unter anderem nach Eritrea,

finanziert ausschließlich durch

Spendengelder und die Beiträge

der Vereinsmitglieder von INTER-

PLAST-Germany oder dem Ham-

mer Forum. Patienten aus ganz Eri-

trea machen sich dann auf in die

Klinik der Hauptstadt, um von den

ausländischen Ärzten begutachtet

und behandelt zu werden. Sogar

aus dem benachbarten Äthiopien

oder dem Sudan reisen sie an.

Unterkunft und Flug für das Ein-

satzteam bezahlt die Hilfsorgani-

sation, das benötigte Equipment

finanzieren die Ärzte teilweise aus

eigener Tasche und bringen es aus

Deutschland mit. „Wir hatten große

Sorge, dass etwas von unserem

Material im Zoll hängen bleibt und

dann bei unserer Arbeit fehlt“, er-

innert sich Dr. Mannil.

Damit die zwei Wochen vor Ort

effizient genutzt werden können,

treffen ortsansässige Krankenhaus-

mitarbeiter eine Vorauswahl der Pa-

tienten. So können bis zu sieben

komplizierte Operationen pro Tag

erfolgen; mehr als doppelt so viele

Patienten werden zusätzlich unter-

sucht.

Einer der dramatischsten Fälle

war der eines zehn Monate alten

Jungen, der kurz nach seiner Ope-

ration vom Ärzteteam reanimiert

werden musste, weil sein Zustand

sich stark verschlechtert hatte. Der

Junge, der damals wegen schwe-

rer Verbrennungen in die Obhut

der Ärzte gegeben wurde, konnte

dank intensivmedizinischer Betreu-

ung gerettet werden. Heute geht

es ihm gut.

Demut und Dankbarkeit

Was Dr. Mannil besonders beein-

druckt hat, ist die Herzlichkeit und

Gastfreundschaft der Eritreer: „Der

größte Teil der Bevölkerung hat

selbst kaum genug Geld, um die

eigene Familie zu ernähren. Trotz-

demhat man uns überall zumEssen

eingeladen und uns mit kleinen Ge-

schenken überrascht. Und ich ziehe

den Hut vor der hohen Leidensfä-

higkeit der Patienten – insbeson-

dere der Kinder. Auch wenn man

ihnen die Erschöpfung angesehen

hat, haben sie das Warten geduldig

ertragen und immer noch dank-

bar gelächelt. Daran muss ich oft

denken, seit ich wieder in Deutsch-

land bin, und ich finde, dass wir

die gute medizinische Versorgung

in unserem Land oft zu selbstver-

ständlich annehmen“, meint der

Chefarzt.

Eines der schönsten Erlebnisse ab-

seits der medizinischen Arbeit war

für Dr. Mannil eine Kaffeezeremonie.

Diese Art der Kaffeezubereitung ist

ein wichtiger Bestandteil des sozia-

len Lebens in Eritrea und ein Zei-

chen der Freundschaft. Sie gehört

zum Alltag und wird in traditionellen

Haushalten sogar bis zu dreimal am

Tag abgehalten. Die Zeremonie wird

ausschließlich von Frauen durchge-

führt und jedes Mädchen in Eritrea

erlernt sie in seiner Familie. Es kann

bis zu zwei Stunden dauern, bis alle

notwendigen Arbeitsschritte durch-

geführt sind. Zunächst müs-

sen die grünen, rohen Kaf-

feesamen gereinigt werden,

dann werden sie in einer

traditionellen Pfanne lang-

sam geröstet. Selbst der

Klang der Bohnen, wenn

man sie beim Rösten in der

Pfanne schüttelt, hat einen

eigenen Namen: Keshkesh.

Sind die Bohnen braun ge-

brannt, werden sie auf eine

Binsenmatte gestreut, die

dann herumgereicht wird,

damit jeder den Duft genie-

ßen kann. Danach zerstößt

man die Kaffeebohnen mit

einem Mörser und brüht

den Kaffee nach genauen Vorga-

ben von Hand auf.

Dr. Mannil zieht für sich eine positive

Bilanz und kann sich gut vorstel-

len bald wieder in das afrikanische

Land am Roten Meer zu fahren: „In

erster Linie bin ich froh, dass wir

so vielen Menschen helfen konn-

ten. Besonders toll finde ich aber

auch, dass wir mit den inländischen

Kollegen im Team gearbeitet und

junge Studenten geschult haben.

Wir wollten möglichst viel Wissen

vermitteln, als Hilfe zur Selbsthilfe

sozusagen.“

45

Idee | Einsatz

CellitinnenForum 2/2019