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3 / 2016

Artikel: Dirk Arning, Drescher & Cie.

Home-Bias

Der Begriff „Home Bias“, genauer „Equity Home Bias Puzzle“,

bezeichnet die Neigung von Investoren, Geldanlagen – insbeson-

dere Aktien – auf ihrem jeweiligen Heimatmarkt überproportio-

nal zu gewichten. Mit dieser „Heimatmarktneigung“ sollten auch

Fondsanleger umgehen können.

Gründe für die Heimatmarktneigung

Deutsche Anleger bevorzugen deutsche Aktien. Im Wesentlichen

dürfte das auf die bessere Verfügbarkeit von Informationen zurück-

zuführen sein. Aufgrund von mehr Nachrichten glauben Anleger, die

Chancen und Risiken besser einschätzen zu können. Sogar im In-

ternet-Zeitalter verbleibt ein Informationsdefizit, je kleiner und „exo-

tischer“ ausländische Unternehmen sind, zumal fremdsprachliche

Barrieren höher werden, wenn Informationen noch nicht einmal in

Englisch verfügbar sind. Nicht minder rational ist der Grund, hin-

sichtlich höherer Transaktionskosten Anlagen an Auslandsbörsen

zu meiden. Schließlich könnten auch Fremdwährungsrisiken einen

rationalen Grund dafür liefern, das Chance-Risiko-Verhältnis bei

heimischen Aktien positiver einzuschätzen. Alle diese Gründe las-

sen sich zwar durch den Einsatz professionell gemanagter Aktien-

fonds vermeiden oder abmildern; aber selbst unter professionellen

Portfoliomanagern lässt sich ein Home-Bias feststellen.

Rationale Asset Allocation vs Home-Bias

Die Portfoliotheorie besagt, dass die Asset Allocation, also die Ver-

teilung der Kapitalanlage auf verschiedene – möglichst wenige kor-

relierte – Anlageklassen zu einer Erhöhung der Rendite bei glei-

chem Risiko bzw. einer Verringerung des Risikos bei gleicher Rendi-

teerwartung führt. Als Korrelation bezeichnet man das statistische

Maß des Zusammenhangs von Kursbewegungen. Bei perfektem

Gleichlauf weist der Korrelationskoeffizient den Wert plus 1 auf, bei

vollständig entgegengesetztem Kursverlauf den Wert minus 1.

Kombiniert man Anlagealternativen mit Werten unter 0,5 kann man

nennenswerte vorteilhafte Effekte erzielen. Werte zwischen minus

0,2 und plus 0,7 sind am häufigsten anzutreffen.

Für eine hinreichende Diversifizierung eines Aktienportfolios

braucht man allerdings nicht Hunderte oder gar Tausende ver-

schiedener Aktien. Untersuchungen zeigen, dass bereits eine

kleine zweistellige Zahl verschiedener Aktien eine deutliche Ver-

ringerung des Gesamtrisikos mit sich bringt. Deshalb wäre eine

breite Streuung des Portfolios auf eine Vielzahl von nationalen

Märkten und verschiedene Branchen sinnvoll. Die positiven Di-

versifizierungseffekte nehmen mit steigender Aktienzahl immer

langsamer zu. Immer weniger ist dann die nackte Zahl verschie-

dener Aktien entscheidend als ihr Kursverhalten, ihr Gleichlauf

zueinander: Eine höher gewichtete Aktie mit geringer Korrelation

zu den anderen Anteilsscheinen diversifiziert ein Portfolio besser

als zehn oder hundert Aktien mit hoher Korrelation.

DAX schlecht diversifiziert

Diese Erkenntnisse sprechen zunächst einmal dafür, dass auch

30 Aktien schon genug Diversifizierung bedeuten können. Aller-

dings wird bei der Konstruktion der DAX-Indizes nicht auf eine

Optimierung des Risikos geachtet. So spielt beispielsweise die

Branchenzugehörigkeit bei der Zusammenstellung keine Rolle.

Im populären Deutschen Aktienindex (kurz DAX, hier künftig zur

besseren Unterscheidbarkeit DAX30 genannt) entfallen bei-

spielsweise fast 19 Prozent auf Chemie und Pharma (Bayer,

BASF und Merck), über 15 Prozent auf Automobilbau (Daimler,

BMW, VW und Continental) und zusammen mehr als 10 Prozent

auf nur zwei Versicherungskonzerne (Allianz und Münchener

Rück). Auf wenig konjunkturempfindliche Konsumgüterhersteller

entfallen dagegen gerade mal drei Prozent (Henkel und Beiers-

dorf zusammen). Dagegen erhöhen weitere recht hoch gewichte-

te zyklische Titel wie Siemens und Linde die Abhängigkeit von der

internationalen Konjunktur.

Hinzu kommt eine hohe Abhängigkeit der deutschen Standardwer-

te von internationalen Investoren. Sie schätzen bei deutschen Ak-

tien auch die hohe Liquidität und rasche Abwicklung von Transak-

tionen. Gleichzeitig ist die Aktienkultur in Deutschland selbst aber

unterentwickelt, der Stellenwert der Aktienanlage im Vergleich

zum anglo-amerikanischen Raum gering. Im Durchschnitt liegt

mehr als jede zweite Aktie der DAX-Unternehmen – nämlich 55,3

Prozent – in den Depots ausländischer Investoren. In der Folge ist

der DAX30 stark von internationalen Kapitalzu- und abflüssen ab-

hängig. Im Endergebnis ist der DAX30 alleine unter Risikogesichts-

punkten weit von einem gut strukturierten Portfolio entfernt.

Nebenwerte schneiden besser ab ...

Wer sich schon aufgrund seiner „Heimatmarktneigung“ auf deut-

sche Aktien konzentrieren will, sollte über den DAX30 hinaus die

Nebenwerte ins Auge fassen. Über die meisten Zeiträume liefer-

Deutsche Aktien: Diversifizierung tut Not

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