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vielfalt und dem schonenden

Umgang mit Ressourcen,

die ökonomische Nachhaltig-

keit für eine dauerhaft trag-

fähige Grundlage für Erwerb

und Wohlstand durch den

Schutz der wirtschaftlichen

Ressourcen vor exzessiver

Ausbeutung,

und die soziale Nachhaltigkeit

für den Ausgleich der sozia-

len Kräfte und eine zukunfts

­

fähige und lebenswerte Ge-

sellschaft.

Dieses sogenannte „Drei-

Säulen-Modell“ ist jedoch ebenso

umstritten, wie es durch vielfäl-

tige Kriterien weiter ausgebaut

wurde und auf mehr und mehr

Bereiche Anwendung findet. Bei-

spiele sind ein ausgeglichener

Staatshaushalt, Mobilität und

ein individueller Lebensstil. Au-

ßerdem gibt es nachhaltiges

Marketing, nachhaltiges Design,

nachhaltige Unternehmensfüh-

rung, nachhaltige Geldanlage

oder nachhaltige Konsumenten.

Zwar melden sich gelegent-

lich auch einzelne kritische Stim-

men zu Wort: Vor allem als die

BP-Ölplattform Deepwater Ho-

rizon im Golf von Mexiko hava-

rierte tauchten Vorwürfe des

„Greenwashings“ auf. Darauf-

hin flog BP aus dem Dow Jones

Sustainability Indexes (DJSI),

ein Index, der besonders um-

weltfreundliche Unternehmen

bündelt.

Kritiker führen zudem an,

dass die Zahlen in Nachhaltig-

keitsberichten, wie sie inzwi-

schen von zahlreichen Unter-

nehmen regelmäßig veröffent-

licht werden, auch mit Blick auf

die Relevanz für den DJSI Daten

minderer Güte enthalten (Mana-

ger Magazin Oktober 2010). Der

Verdacht auf Greenwashing,

so Kritiker weiter, sei spätes-

tens dann angebracht, wenn

die Kommunikation einer öko-

logischen oder sozialen Wohl-

tat mehr koste als die Wohltat

selbst.

Doch das sind kleinere Rand-

erscheinungen. Nach wie vor er-

freut sich der Begriff unbeschä-

digter Prominenz. Politiker argu-

mentieren damit ebenso gerne

wie Unternehmen und verweisen

damit auf ihre ökonomische, öko-

logische (und inhärent subven-

tionsbezogene) Effizienz. Denn

kein anderes Konzept ist derzeit

wohl besser geeignet, Brücken

zu schlagen zwischen scheinbar

unüberwindbaren Gegensätzen,

sei es zwischen vorindustrieller

Zeit und Moderne, Konservatis-

mus und Fortschritt, Ökonomie

und Ökologie oder einem wirt-

schaftlich orientierten Handeln

und gesellschaftlichen Verant-

wortungsbewusstsein.

Doch durch den inzwischen

exzessiven Gebrauch des Be-

griffes ist Nachhaltigkeit zu ei-

nem schillernden Abstraktum

geworden, das sich in seiner Be-

deutung immer schwerer fassen

lässt. Durch den beschleunigten

Verbrauch glaubwürdigkeits-

transportierender Begriffe und

Konzepte droht aber auch er

überstrapaziert und damit Opfer

seiner selbst zu werden.

Gerade der Mangel an Be-

griffen, die Glaubwürdigkeit

transportieren und der exzes-

sive Zugriff darauf, fordert einen

nachhaltigen Umgang damit,

vor allem im Marketing. Denn

nachhaltige Ressourcennut-

zung darf nicht nur auf materiell

Greifbares wie Umwelt, Ökono-

mie und Gesellschaft bezogen

bleiben, sondern muss auch auf

unsere Instrumente Anwendung

finden, mit denen wir die Reali-

tät abbilden: auf die Begriffe.

Womit der Vielzahl der Anwen-

dungsmöglichkeiten von Nach-

haltigkeit eine weitere hinzuge-

fügt wäre, die der nachhaltigen

Begriffsverwendung. Auch diese

Ressource ist knapp und fordert

einen bewussten, sparsamen

und schonenden Umgang im

Sinne einer nachhaltigen Kom-

munikation.

Bei Pressekonferenz eines

Herstellers meinte einer der Re-

ferenten, dass es besser sei, von

Entwicklung zu sprechen, denn

von Nachhaltigkeit. Denn wenn

eine Entwicklung nicht nachhal-

tig sei, so das Argument, dann

sei es auch keine Entwicklung.

Ein Hinweis darauf, dass die Su-

che nach begrifflichen Alterna­

tiven im Gange ist.

n

Nur so viel Holz einschlagen wie

nachwächst: Der Gedanke der

Nachhaltigkeit wurzelt in der

Forstwirtschaft.

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3|2016