Wir alle brauchen ihn, nachts kommt
er uns gelegen, tagsüber vertreiben
wir ihn mit einer Tasse Kaffee. Die
alten Griechen stellten ihm mit
Hypnos und Morpheus Gottheiten
zur Seite, Napoleon hielt ihn für ein
unnützes Übel, dem er nachts nicht
mehr als vier Stunden seiner Zeit
einzuräumen gedachte. Dorn-
röschen über-
stand ihn 100
Jahre lang
jung und
schön, ähn-
lich erging
es ihrer Mär-
chenko l l eg i n
Schneewittchen.
Van Gogh malte
ihn, Sigmund
Freud analysierte
ihn und Theodor
Fontane schrieb
ein Gedicht über
ihn. Einige Menschen as-
soziieren mit ihm Stille und Frieden,
andere den Tod. Die Rede ist vom
Schlaf. Ob Fluch oder Segen, er
kommt meist leise daher und gönnt
Körper und Geist eine wohltuende
Pause. Nehmen wir seine Bedürf-
nisse nicht ernst, werden wir krank.
In unserem Kulturkreis entspricht
das Schlafverhalten dem Tag-
Nachtrhythmus. Das war nicht
immer so. Im antiken Griechen-
land besuchte man nachts gerne
Freunde, ging seiner Arbeit oder
religiösen Diensten nach. Dafür
legte man tagsüber ein bis zwei
längere Schlafpausen ein. Bis zur
Industrialisierung war es auch in
Europa üblich, in zwei Schichten zu
schlafen, also auch tagsüber. Die
calvinistische Arbeitsethik, Koffein
und schließlich die Erfindung der
Glühbirne bestimm-
ten unseren Alltag
und die Schlafenszeit neu. Diese
Regeln gelten bis heute. Wir stellen
unsere Arbeit nicht mehr bei Däm-
merung ein, sondern betätigen den
Lichtschalter – und weiter geht‘s.
Eine Tasse Kaffee ersetzt nach-
mittags die spanische ‚Siesta‘.
In vielen Gesellschaften geriet der
Schlaf in Verruf. Er gilt in unserer
Welt als unproduktiv und ist damit
ein eigentlich überflüssiges, aber
notwendiges Übel. Wer ohne be-
sonderen Grund tagsüber schläft,
faulenzt. 24 Stunden erreichbar
zu sein und seine Zeit komplett
dem beruflichen Fortkommen zu
widmen, gilt in einigen Branchen
und Unternehmen sogar als schick.
Doch unter welchen Umständen
auch immer: Die westlich orientierte
Welt schläft nachts einen längeren
Schlaf und wacht und arbeitet tags-
über.
In den Einrichtungen des Cellitin-
nenverbundes ist der Schlaf
ebenfalls Thema. Mit-
arbeiter, die im
Schicht- oder
Nachtdienst ar-
beiten, müssen
sehen, wie sie
ihr Leben so
einstellen, dass
sie die unregel-
mäßigen Arbeitszeiten,
Familie, Freunde und Freizeitaktivi-
täten unter einen Hut bekommen.
Demenziell Erkrankte kommen mit
dem Tag-Nacht-Rhythmus nicht
mehr zurecht und Seniorenhäuser
und Kliniken stellen sich auf die Be-
dürfnisse dieser größer werdenden
Gruppe ein. In den Schlaflaboren
des Verbundes untersuchen und
behandeln Ärzte die Folgen eines
gestörten Schlafverhaltens.
In den folgenden Artikeln erfahren
Sie mehr zu diesen Themen und
wir geben Ihnen einen Überblick,
wo und wie uns der Schlaf im Ver-
bund beschäftigt.
Wie halten Sie es mit dem Schlaf?
Unsere Kultur bestimmt das Schlafverhalten
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CellitinnenForum 1/2016
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