Im Seniorenhaus sitzen fünf ältere
Menschen am Tisch der Wohn-
gruppe. Vor ihnen steht eine Kanne
mit warmem Ka-
kao, die Pflege-
fachkraft der
Nachtschicht reicht
dazu Toast mit Marme-
lade. Wer möchte, greift zu.
Herr H. und Frau B. kommentie-
ren den Imbiss wohlwollend und
kommen darüber ins Gespräch. Ein
normaler Kaffeeklatsch, allerdings
zu ungewohnter Uhrzeit.
Es ist zwei Uhr morgens. Die Fünf
am Tisch eint die Krankheit De-
menz. Eine verkürzte nächtliche
Schlafdauer, ein leichterer Schlaf
und dafür die Lust auf ein Mittags-
nickerchen nehmen im Alter zu. Bei
demenziell Veränderten allerdings
wird der Tag-Nacht-Rhythmus
nicht selten auf den Kopf gestellt.
Externe Zeitgeber wie hell und dun-
kel werden nicht mehr ausreichend
wahrgenommen.
Woran pflegende Angehörige oft
verzweifeln, kann
in Senioren-
einrichtun-
gen durch
die Pfle-
gekräfte
a u f g e f a n g e n
werden. Sie sind
auf eine 24-Stunden-
Betreuung eingerichtet.
Die häufig längeren Wachphasen
jener Bewohnergruppe zu nacht-
schlafender Zeit bringen den Alltag
in einem Seniorenhaus nicht durch-
einander. Hier ist Zeit und Raum,
um auf diese speziellen Bedürfnisse
einzugehen. Der Plausch bei Kakao
und Marmeladenbrot um zwei Uhr
morgens gibt den demenziell ver-
änderten Bewohnern Orientierung
und Sicherheit und nimmt ihnen die
Angst vor dem Wiedereinschlafen.
Als Folge des nächtlichen Schlaf-
mangels legen sie dafür tagsüber
mehrere Schläfchen ein, ähnlich
übrigens wie unsere Vorfahren (vgl.
Artikel ‚Wie halten Sie es mit dem
Schlaf, Seite 4). Der betreuende
Altenpfleger kann die außerordent-
liche Brotzeit gelassen nehmen,
weiß er doch, dass seine Schicht
um 6:45 Uhr endet und er sich dann
hinlegen kann.
Klar strukturierte Tagesabläufe kön-
nen dazu beitragen, den Nacht-
schlaf der demenziell veränderten
Menschen zu verbessern. Sie soll-
ten dabei möglichst viel beschäf-
tigt werden, beispielsweise durch
Spaziergänge an der frischen
Luft, und der Mittagsschlaf soll-
te nicht mehr als 30 Minuten
dauern. Besonders pflegende
Angehörige sollten nach diesem
Prinzip vorgehen, damit die Schlaf-
störungen des Patienten nicht die
eigene Gesundheit belasten. Nur
die wenigsten Pflegenden können
den entgangenen Schlaf tagsüber
wieder nachholen.
In den Einrichtungen des Celli-
tinnenverbundes setzt man auf
das Konzept der Mäeutik und der
basalen Stimulation. In Anbindung
an seine Biografie geht man da-
von aus, dass jeder Bewohner ein
Recht auf weitgehende Selbst-
bestimmung hat. Die vorhandenen
Ressourcen werden dabei so weit
und so lange es geht unterstützt.
Das führt dazu, dass die Bewohner
ein Anrecht auf Marmeladenbrot
und Kakao haben – auch morgens
um zwei Uhr.
Kaffeeklatsch um Mitternacht
Über das Schlafverhalten von demenziell veränderten Menschen
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CellitinnenForum 1/2016
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