Ein junger, glücklicher Fam ilienvater, der treu und brav für seine beiden sonnigen
Kinderchen sorgte, erregte durch seine freiheitlichen Auffassungen, durch seine offene
Art den Haß der spionierenden Gestapo-Kreaturen. Abends saß er mit seiner Gattin
am Radio und lauschte der Stimme der Freiheit, die durch die Atherwellen drang.
Dies wurde ihm zum Verhängnis, denn es war ja im Reiche der blutigsten Unter–
drückung ein Verbrechen, wenn man das Wort der freiheitsliebenden Völker zu
hören versuchte. Ein Verbrechen, das nach den Auffassungen de r faschistischen
,, Volks"-Justiz mit dem Tode bestraft werden mußte. Willy Gruber wurde nach
monatelanger verzehrender Haft zum Tode verurte ilt und hingerichtet. In einem
Abschiedsbrief wendete er sich zum letzten Male an seine geliebte Frau und Kinder:
19. September 1944.
Meine geliebte, gute Mitzi
!
Heute, wenn die Sonne ihre letzten Strahlen über die vom Krieg zerrissene
Erde versendet, ist mein Leben erloschen. Ge rode heute erwartete ich Deinen
lieben Besuch. Auch der war mir nicht mehr vergönnt, aber dafür trage ich
Dein Bild und das Bild unserer lieben Kinderchen bis zu meinem letzten
Atemzuge an meiner Brust. Ich danke Dir für all Deine Liebe, Güte und
Treue, die Du mir in überreichem Maße während der glücklichen und ach
so kurzen Ze it unserer jungen Ehe erwiesen hast. Erziehe unsere Kleinen zu
anständigen, aufrechten und braven Menschen, damit sie als vollwertige
Staatsbürger in eine neue und hoffentlich bessere Zukunft hineinwachsen.
Grüße mir meine gute Mutter, meine guten Schwiegereltern, Deine Brüde r
und meine Geschwister und alle Menschen, die mir lieb und teuer w aren.
So grüße und küsse ich Dich zum letzten Mal in meinem Leben. Meine
Sehnsucht bist zum letzten Atemzuge bist Du.
Dein unglücklicher Willy.
Viele, viele Bussi für meinen Sonnenschein Harald und Brigitte.
19




