Ein Fall aus CIRS-Pharmazie
Was ist passiert?
Eine Kapselrezeptur Captopril 2mg
120 Kapseln wurde in zwei Herstel-
lungsvorgängen à 60 Kapseln herge-
stellt. Das vorliegende Herstellungs-
protokoll war aber über die gesamte
Menge ausgestellt, die dann halbiert
werden sollte. Die PTA wog jedoch
Captopril für 120 Kapseln ein und
stellte damit 60 Kapseln her.
Was war das Ergebnis?
Die 60 Kapseln enthielten den Wirk-
stoff für 120 Kapseln und waren somit
3KDUPD]LH
Überdosierung von Captopril-Kapseln
Folgendes Ereignis fiel an der Schnittstelle Apotheke-Patient auf:
Fall-Nr: 166593
>
CIRS-Pharmazie NRW ist eine
gemeinsame Initiative der Apothe-
kerkammern Nordrhein (AKNR) und
Westfalen-Lippe (AKWL). Die
Buchstaben „CIRS“ stehen für
Critical Incident Reporting-System,
zu Deutsch „Datenbank für
kritische Vorfälle/Ereignisse“.
Es handelt sich um ein internet-
gestütztes Fehlerberichts- und
Lernsystem zur anonymen Mel-
dung von Medikationsfehlern und
„Beinahe“-Medikationsfehlern in
der Apotheke.
Der vorliegende Fall beschreibt einen Me-
dikationsfehler in der Rezeptur, der sich
innerhalb des Apotheken-Teams ereigne-
te. Es sollten Kapseln für einen Säugling
hergestellt werden. Offenbar wurde das
Herstellungsprotokoll bzw. die Herstel-
lungsanweisung von der einen Person
ausgestellt, jedoch von einer anderen Per-
son umgesetzt. Diese Art der Aufgaben-
verteilung führte zu einem Missverständ-
nis zwischen den beiden und erwies sich
als fehlerbegünstigend.
Weiterhin fand kein Vier-Augen-
Prinzip bei der Einwaage statt. Gemäß
§ 35 Abs. 6 Apothekenbetriebsordnung
muss die Herstellungsanweisung auch
die Kontrolle der Berechnungen, der Ein-
waagen und der einzusetzenden Aus-
gangsprodukte durch eine zweite Person
oder durch ein validiertes elektronisches
Verfahren vorsehen. Laut DAC/NRF kann
das Vier-Augen-Prinzip im Wortsinne des
„Über-die-Schulter-Schauens“ fallweise in
der SOP oder der einzelnen Herstellungs-
anweisung vorgeschrieben werden, z. B.
bei pharmazeutischem Personal in der
doppelt so stark! Überdosierung!
Wo sehen Sie Gründe für dieses
Ereignis und wie hätte es vermieden
werden können?
Herstellungsprotokoll, kein Vier-Augen-
Prinzip bei der Einwaage! Der Fehler
wurde vor der Abgabe an den Patien-
ten bemerkt bei nochmaliger Durch-
sicht des Herstellungsprotokolls!
Wer berichtet?
Apotheker/Apothekerin
Ausbildung, bei stark wirksamen Stoffen
oder bei der Wirkstoffeinwaage pädiat-
rischer Zubereitungen (vgl. DAC/NRF All-
gemeine Hinweise I 2.3.2). Grundsätzlich
sollte bei allen Unklarheiten, die ad hoc
während der Herstellung auftreten, eine
zweite Person hinzugezogen werden.
In dem vorliegenden Fallbericht konn-
te der Fehler bei der nochmaligen Durch-
sicht des Herstellungsprotokolls aufge-
deckt und so ein möglicher Schaden für
den jungen Patienten noch rechtzeitig
abgewendet werden. Das heißt: In der
Apotheke gibt es Sicherheitsbarrieren, die
funktionieren und die unbedingt erhalten
bleiben sollten.
Grundsätzlich können durch die syste-
matische Analyse von kritischen Ereignis-
sen in der Apotheke Ansätze entstehen,
wie organisatorische Prozesse verbessert
oder präventive Maßnahmen eingeleitet
werden können. Nutzen Sie diese Ideen
um die Patientensicherheit in Zukunft zu
erhöhen! Wie könnte eine Herstellungs-
anweisung klarer ausgefüllt werden? Wie
könnte das Vier-Augen-Prinzip in Zukunft
angewendet werden?
Für eine sichere und wirksame An-
wendung oral applizierter pulverförmiger
Arzneiformen wie Kapseln sind vor allem
die korrekte Dosierung des Wirkstoffs
aber auch andere Parameter von wichti-
ger Bedeutung. Das Zentrallaboratorium
Deutscher Apotheker e.V. (ZL) bietet als
Hilfe bei der Kapselherstellung seit Sep-
tember 2017 eine sogenannte „Kapsel-
Karte" an (einzusehen auf der Website des
ZL unter
www.zentrallabor.com>Apothe-
kenpraxis > Kapselherstellung). Die Karte
listet die zu bedenkenden Parameter auf,
die bei den einzelnen Herstellschritten be-
achtet werden müssen. <
Machen Sie mit!
Erfassen Sie Medika-
tionsfehler in der
Apotheke online unter:
www.cirs-pharmazie.de WWW.CIRS-PHARMAZIE.DEAUS-/FORTBILDUNG UND AMTS
AKWL
Mitteilungs
blatt
01-2018 /
17