So unterschiedlich die Ursachen
von chronischen Schmerzen sind,
eines haben die Patienten ge-
meinsam: Die Schmerzen führen
zu erheblichen Beeinträchtigungen
in körperlichen, beruflichen und
psychosozialen Bereichen und
werden zum bestimmenden Teil
ihres Lebens.
So erging es zum Beispiel auch
der 54-jährigen Angestellten Ina
P. Nach einem schweren Band-
scheibenvorfall mit Operation und
anschließender Reha ist körperlich
alles gut verheilt, nur der Schmerz
ist auch vier Jahre nach der Di-
agnose und Therapie immer noch
geblieben. Er quält sie Tag und
Nacht, isoliert sie und raubt ihr die
Lebensqualität.
„Bei einer chronischen Schmerz-
erkrankung steht meist nicht mehr
die eigentliche körperliche Ursache
im Vordergrund“, erläutert Dr. Ka-
trin Empt, Leitende Oberärztin der
Schmerzklinik am St. Franziskus-
Hospital. Vielmehr führen viele sich
ergänzende Faktoren dazu, dass
die Schmerzen bestehen bleiben,
sich sozusagen verselbstständigen.
„Hier ist in den meisten Fällen die
Körperwahrnehmung gestört. Der
eigene Körper wird nur noch über
den Schmerz wahrgenommen“,
weiß Susanne Hecker, Physiothe-
rapeutin der Schmerzklinik. „Wir
unterstützen, damit der Betroffe-
ne sich und seinen Körper selbst
wieder kennenlernt, in Bewegung
kommt, Vertrauen in seinen Körper
findet und seine Grenzen realistisch
einschätzen kann.“
Therapiepläne
Während eines zwei- bis dreiwöchi-
gen Aufenthaltes in der Schmerz-
klinik wird ein multimodales Thera-
pieprogramm für jeden Patienten
zusammengestellt. Ein Team aus
Schmerztherapeuten, Ärzten an-
derer Fachbereiche, Psychologen,
Entspannungstherapeuten und
Physiotherapeuten gestaltet die
Therapieprogramme – das Ent-
scheidende dabei ist aber die Ini-
tiative des Patienten. „Es ist wichtig,
dass unsere Patienten an der Be-
handlung aktiv teilnehmen“, betont
Dr. Katrin Empt, „denn aufgrund der
starken Schmerzen vermeiden Be-
troffene oft jegliche Aktivität, werden
passiv und geraten so immer tiefer
in die Schmerzspirale.“ Pausen und
Erholung sind wichtig – viel wichtiger
aber ist es, die Zusammenhänge
von Schmerz, Bewegungsverhal-
ten und emotionalem Befinden zu
erkennen. Konkret heißt das: „Mit
mobilisierenden Übungen, die dem
häuslichen oder beruflichen Alltag
angepasst sind, stabilisierenden
und kräftigenden Aufgaben verbes-
sern wir die Koordination und das
Gleichgewicht, die Körperwahrneh-
mung und die Selbsteinschätzung“,
fasst Physiotherapeutin Susanne
Hecker zusammen.
Nach zwei Wochen Klinikaufenthalt
steht die so genannte häusliche Be-
lastungsprobe auf dem Programm.
Das bisher Erlernte wird nun an
einem Wochenendtag unter realen
Bedingungen zu Hause getestet.
„Nach diesemWochenende wissen
unsere Patienten, wo sie stehen und
woran sie noch arbeiten müssen“,
weiß Dr. Katrin Empt. Gemeinsam
Erfolgreich gegen den Schmerz
Wie Patienten lernen, ihrem Körper wieder zu vertrauen
Gezielte Therapie
30
CellitinnenForum 3/2017
Medizin | Betreuung