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CellitinnenForum 3/2016
Endlich Urlaub! Millionen von Bun-
desbürgern zieht es in den Som-
mermonaten in die Ferne, ans Meer
oder in die Berge. Zeit für die Fa-
milie, Sonne tanken, den Kopf frei
bekommen – im Urlaub gönnen wir
uns Dinge, von denen wir im alltäg-
lichen Leben nicht genug haben.
Für unser Gedächtnis hat das Rei-
sen eine besondere Bedeutung. Je
unbekannter die Situationen sind,
denen wir unterwegs begegnen,
desto besser können wir uns daran
erinnern. Urlaube und Reisen ord-
nen wir bis ins hohe Alter zeitlich
ein, der Weg zum Bäcker dagegen
verschwimmt imAlltäglichen. Einige
Reisen haben ein Rückfahrticket,
andere sind der Beginn eines neuen
Lebens.
„Auf Reisen gleichen wir einem
Film, der belichtet wird. Entwickeln
wird ihn die Erinnerung“, schreibt
Max Frisch in seinem Tagebuch.
Ein Satz, den viele Bewohner der
Cellitinnen-Seniorenhäuser nur be-
stätigen können. Sie greifen immer
wieder zu Fotoalben und Dias, um
in Reiseerlebnissen zu schwelgen,
die plötzlich wieder sehr lebendig
werden. Wie wird es den nach-
folgenden Generationen wohl er-
gehen, deren Urlaubsbilder auf
längst aufgegebenen Mobiltelefo-
nen oder Computern abgelegt und
so auf dem Müll gelandet sind?
Sigrun Hahn, Margret Müller und
Rosa Sattelberg leben im Senio-
renhaus St. Anna. An die Urlaube
mit den Eltern und später mit den
Kindern können sich alle noch gut
erinnern. Bei Erinnerungslücken
helfen den Damen ihre Fotos. 1938
stand für Sigrun Hahn, damals zehn
Jahre alt, der erste Urlaub mit El-
tern und zwei Brüdern an. Mit dem
Auto, einem Opel Olympia, ging es
von Heidelberg in die Alpen, an den
Chiemsee. Der See, die hohen Ber-
ge – noch heute kann sich Sigrun
Hahn an Gefühle oder Gerüche aus
jenem Urlaub erinnern. Präsent ist
ihr auch eine Reise von ganz ande-
rer Art. Als Siebzehnjährige fuhr sie
nach Kriegsende von Heidelberg,
wo sie noch zur Schule ging, nach
Thüringen. Dort lebte, sicher vor
dem Bombenkrieg in den Städten,
ihre Familie. So wie heute Flücht-
linge aus dem Nahen Osten oder
Afrika über Schlepperrouten in die
EU kommen, musste sie die ‚Grüne
Grenze‘ überwinden, um von der
amerikanischen Besatzungszone
in die sowjetische zu kommen. Bei
Nacht und Nebel, angewiesen auf
fremde, nicht immer wohlmeinende
Hilfe, kam sie schließlich in Thü-
ringen an. Eine Reiseerinnerung,
auf die sie gerne verzichten würde.
„Aber so war das halt.“
Die meisten Erinnerungen der äl-
teren Damen an ihre Reisen sind
positiv: Beispielsweise ein erster
Urlaub nach dem Krieg bei Ver-
wandten in Essen mit Feuerwerk
im Gruga Park. In den fünfziger
Jahren standen Bergwanderungen
in Österreich, später im ehemaligen
Jugoslawien oder auf Mallorca an.
Bus- und Schiffsreisen auf und ent-
lang der Mosel, auf dem Rhein und
dem Neckar machten sie bis ins
Sag mir, wohin du fährst …
Reisen tragen uns durch das Leben
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