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95

RECHTSPRECHUNG

2/2008

forum

poenale

Art. 17, 18 CP, art. 16c LCR: état de nécessité, retrait du permis

de conduire.

Les dispositions relatives à l’état de nécessité selon les

art. 17 s CP sont applicables par analogie lors d’un retrait

d’admonestation (c.2.2). L’intérêt du conducteur du véhicule à se

rendre aux toilettes le plus vite possible à cause d’une grave ma­

ladie diarrhéique ne justifie pas un dépassement massif de vites­

se. En cas de dépassements considérables de vitesse, une justifica­

tion par l’état de nécessité entre tout au plus en considération

lorsque la protection de biens juridiques essentiels comme l’inté­

grité corporelle, la vie ou la santé d’êtres humains est en jeu (c.2.2).

(Résumé de la rédaction)

Art. 17, 18 CP, art. 16c LCStr: stato di necessità, revoca della

licenza di condurre.

Le disposizioni riguardanti lo stato di necessità secondo gli

art. 17 seg. CP sono applicabili per analogia ad una revoca a sco­

po di ammonimento (consid. 2.2). L’interesse del conducente del

veicolo che, affetto da grave dissenteria, deve recarsi il più rapi­

damente possibile ad un servizio igienico, non è tale da giustifica­

re un considerevole eccesso di velocità. In caso di eccessi di velo­

cità rilevanti, una giustificazione fondata sullo stato di necessità

entra eventualmente in considerazione quando è in discussione la

tutela di beni giuridici essenziali quali l’integrità personale, la vita

e la salute delle persone (consid. 2.2). (Regesto a cura della Dire­

zione della rivista)

Sachverhalt:

X. überschritt mit seinem Personenwagen auf der Autobahn die zu­

lässige Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h, was zu einer – in

Rechtskraft erwachsenen – Verurteilung wegen grober Verkehrsre­

gelverletzung gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG führte. Zudem wurde ihm

in Anwendung von Art. 16c Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a SVG der

Führerausweis für die Dauer von 3 Monaten entzogen. Die von X.

dagegen erhobene Beschwerde hat der Einzelrichter abgewiesen.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen An­

gelegenheiten ebenfalls abgewiesen.

Aus den Erwägungen:

[…]

2.1 […] Die kantonalen Instanzen haben somit zu Recht

einen Entzugsgrund nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG ange­

nommen.

2.2 Der Beschwerdeführer bringt dagegen substantiiert

auch nichts vor. Er macht jedoch – wie bereits vor den kan­

tonalen Instanzen – geltend, es habe für ihn imTatzeitpunkt

eine gesundheitliche Notsituation bestanden. Er habe an ei­

ner schweren Durchfallerkrankung gelitten. Mit der Über­

schreitung der Höchstgeschwindigkeit habe er bezweckt,

möglichst rasch eine Toilette aufzusuchen. In der Sache be­

ruft er sich damit auf Notstand gemäss Art. 17 f. StGB. Diese

Bestimmungen sind bei einem Warnungsentzug wie hier

sinngemäss anwendbar (vgl. Urteile 6A.28/2003 vom

11. Juli 2003 E. 2.2; 6A.58/1992 vom 16. November 1992

E. 4a).

Auf Notstand kann sich berufen, wer in Rechtsgüter un­

beteiligter Dritter eingreift, weil nur so mindestens gleich­

wertige eigene oder fremde Rechtsgüter aus einer akuten

Gefahr gerettet werden können (vgl. Stefan Trechsel,

Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl.,

Zürich 1997, Art. 34 StGB N. 1; Kurt Seelmann, in:

Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Straf­

gesetzbuch I, 2003, Art. 34 StGB N. 1 und 10).

Nach der Rechtsprechung ist bei einer erheblichen Ge­

schwindigkeitsüberschreitung wie hier Notstand nur mit

grosser Zurückhaltung anzunehmen (BGE 116 IV 364 E. 1a

S. 366; Urteile 6A.28/2003 vom 11. Juli 2003 E. 2.2;

6A.58/1992 vom 16. November 1992 E. 4b). Eine massive

Geschwindigkeitsüberschreitung dürfte höchstens dann

durch Notstand bzw. Notstandshilfe gerechtfertigt sein,

wenn der Schutz hochwertiger Rechtsgüter wie Leib, Leben

und Gesundheit von Menschen in Frage steht. Selbst in sol­

chen Fällen ist Zurückhaltung geboten; denn bei massiven

Geschwindigkeitsüberschreitungen ist die konkrete Gefähr­

dung einer unbestimmten Zahl von Menschen möglich, die

sich oft nur zufällig nicht verwirklicht (BGE 116 IV 364

E. 1a S. 366). In Betracht kommt die Annahme eines Not­

standes bzw. einer Notstandshilfe insbesondere in Fällen, in

denen ein Fahrzeuglenker jemanden, der schwer wiegende

Krankheitssymptome aufweist, möglichst schnell ins Spital

bringen muss; oder wenn der Fahrzeuglenker gegebenenfalls

selber an einer lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beein­

trächtigung leidet, die ein unverzügliches Aufsuchen des Spi­

tals erforderlich macht (vgl. BGE 106 IV 1). In solchen Fäl­

len stehen Leib und Leben auf dem Spiel.

So verhält es sich im hier zu beurteilenden Fall nicht.

Zwar war der Beschwerdeführer in einer unangenehmen

Situation. Dies rechtfertigte jedoch nicht die massive Ge­

schwindigkeitsüberschreitung. Denn damit setzte er die üb­

rigen Verkehrsteilnehmer einer erheblichen Gefahr für Leib

und Leben aus. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind eine

der Hauptursachen für schwere Unfälle. Das Interesse der

übrigen Verkehrsteilnehmer, sicher am Strassenverkehr teil­

nehmen zu können, ist höher zu gewichten als das genann­

te Interesse des Beschwerdeführers. Notstand ist daher zu

verneinen.

[…]

n

Nr. 24

Bundesgericht, Strafrechtliche Abteilung, Urteil

vom 3. September 2007 i.S. X. gegen Koreanische

Demokratische Volksrepublik – 6B_51/2007

Art. 98, 325 StGB; Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 31

Ziff. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Bezie-

hungen: Beweisverwertungsverbot, Verfolgungsverjährung bei

ordnungswidriger Führung der Geschäftsbücher.