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RECHTSPRECHUNG

2/2008

forum

poenale

d’une possible atteinte à la réputation (c.2.4). En l’espèce, il n’était

pas exigible des parents du prévenu qu’ils participassent à la pro­

cédure sans l’assistance d’un conseil; aussi les frais de la défense

sont-ils à prendre en charge par l’Etat (c.3.3. et 3.4). (Résumé de

la rédaction)

§ 367 cpv. 4 in combinazione con § 43 cpv. 1 e 3 CPP/ZH: inden-

nità e riparazione del torto morale a seguito di atti istruttori

subiti a torto.

Nella fissazione dell’ammontare della riparazione, nel caso prin­

cipale della carcerazione, si deve considerare se la medesima è sta­

ta legale o illegale. Inoltre devono essere prese in considerazione

la durata della carcerazione, l’intensità delle ricadute ai danni del­

la salute psichica e fisica, la presa di conoscenza della carcerazio­

ne da parte di un pubblico più ampio, nonché una possibile lesio­

ne alla reputazione (consid. 2.4). Dai genitori dell’imputato non

si poteva ragionevolmente esigere, nel caso in esame, che essi

partecipassero al procedimento senza beneficiare di un’assistenza

legale, ragion per cui le spese per la difesa devono essere poste a

carico dello Stato (consid. 3.3 e 3.4). (Regesto a cura della Dire­

zione della rivista)

Sachverhalt:

Gegen den 13-jährigen Z. (Einsprecher) wurde eine Strafuntersu­

chung wegen des Vorwurfs der Widerhandlung gegen die sexuelle

Integrität zum Nachteil der Jugendlichen Y. und J. geführt, welche

dieselbe Schule wie Z. besuchten. Z. wurde eines frühen morgens in

Haft genommen, dann ohne elterlichen oder rechtlichen Beistand

verhört und schliesslich in eine Unterbringungsanstalt für Erwach­

sene überführt, wo er auf sich allein gestellt eine Nacht zubrachte.

Zugleich informierten die Strafverfolgungsorgane die Schulleitung

über die Anschuldigungen, die auch am Wohnort des Z. bekannt

wurden. Im Verlaufe der Untersuchung bestätigte sich der Verdacht

gegen Z. nicht und das Verfahren wurde eingestellt. Das Bezirksge­

richt hat Z. eine Genugtuung in Höhe von 2000.– CHF und eine

Entschädigung in Höhe von rund 5600.– CHF zugesprochen.

Aus den Erwägungen:

[…]

2. Genugtuung

[…]

2.4 Der Angeschuldigte hat gemäss § 367 Abs. 4 i.V.m.

43 Abs. 1 und 3 StPO Anspruch auf Ausrichtung einer an­

gemessenen Geldsumme als Genugtuung, wenn er durch das

Verfahren in seinen persönlichen Verhältnissen schwer ver­

letzt worden ist, was grundsätzlich vomAngeschuldigten zu

beweisen bzw. mindestens glaubhaft zu machen ist. Bei un­

schuldig erlittener Haft hingegen muss eine Verletzung der

persönlichen Verhältnisse weder dargetan noch begründet

werden, da eine solche ohne weiteres eine Verletzung dar­

stellt und daher die Untersuchungs- bzw. Anklagebehörde

das Nichtvorliegen begründen muss. Die Verletzung kann

dabei also nicht nur in der Inhaftierung und weiteren

Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchung, Beschlagnah­

mungen etc. sowie deren Folgen liegen, sondern auch in an­

deren Umständen, die mit der Untersuchung kausal ver­

knüpft sind, also z.B. die Behandlung des Falles in den

Massenmedien oder andere schwere Beeinträchtigungen im

persönlichen, beruflichen oder politischen Ansehen des An­

geschuldigten (Niklaus Schmid, in: Kommentar zur Straf­

prozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 2000, N 18 zu

§ 43 StPO). Vorliegend erlitt der Einsprecher ohne Zweifel

eine Verletzung seiner persönlichen Verhältnisse durch die

ungerechtfertigte Inhaftierung sowie durch die Bekanntga­

be der Anschuldigungen an seinem Wohnort. Die Anklage­

behörde macht denn auch nicht geltend, es läge keine Ver­

letzung der Persönlichkeitsrechte des Einsprechers vor und

spricht ihm eine Genugtuung im Umfang von Fr. 300.– zu.

Zu beurteilen bleibt somit die Höhe der Genugtuung.

Diese bestimmt sich nach der Schwere der Verletzung und

deren Einwirkung auf die Persönlichkeit des Angeschuldig­

ten. Bei der Festsetzung der Höhe der Genugtuung ist im

Hauptfall der Haft zu berücksichtigen, ob diese ungesetz­

lich oder aber an sich rechtmässig war. Im Weiteren ist die

Dauer der Beeinträchtigung (d.h. Dauer der Inhaftierung),

die Intensität der gesundheitsschädlichen, psychischen und

physischen Folgen und das Bekanntwerden der Haft in ei­

ner grösseren Öffentlichkeit, sowie die mögliche Rufschä­

digung, die von der Person und deren Vorleben abhängt, zu

berücksichtigen (Schmid, Kommentar, a.a.O., N 20 zu § 43

StPO). Vorliegend wiegt der Vorwurf der Widerhandlung

gegen die sexuelle Integrität zweifellos schwer. Gegenstand

der Strafuntersuchung bildete im vorliegenden Fall der Vor­

wurf durch die Mutter von Y. und J., der Einsprecher habe

zusammen mit einem weiteren Angeschuldigten Y. die Hose

heruntergezogen und ihm an seinem Penis gezogen. Weiter

habe der Junge gespürt, wie jemand seinen Po geputzt habe.

Die Mutter fügte zudem an, dass sie kürzlich eine blutende

Verletzung an Y.’s After entdeckt habe und sie ausserdem

vermute, dass ihr Sohn J. ebenfalls Opfer physischer und se­

xueller Übergriffe seitens des Einsprechers geworden sei.

Diese Vorwürfe gegen den Einsprecher sind massiv, beinhal­

ten sie doch zumindest die Vermutung der Mutter von Y.,

ihr Sohn sei vom Einsprecher anal penetriert worden. Die

von Y.’s Mutter geschilderte Version beschreibt eine eher

brutale Vorgehensweise des Einsprechers und R.’s gegen Y.,

zumal sich vor Augen zu halten ist, dass es sich bei den An­

geschuldigten um 5. und/oder 6. Klässler handelte, die sich

an einem Erstklässler vergangen haben sollen.

Von grosser Bedeutung sind sodann die Umstände der

Verhaftung des Einsprechers. Zur frühen Morgenstunde sei

der damals knapp 13-Jährige zu Hause von der Polizei aus

dem Bett geholt und mitgenommen worden. Ganz alleine

und ohne dass seinen Eltern davon Mitteilung gemacht wor­

den sei, sei der Jugendliche verhört worden. In Handschel­

len sei er zudem nach der Einvernahme ins Polizeigefängnis

Zürich abgeführt worden, wo er eine Nacht lang ganz allei­

ne in einer Gefängniszelle für Erwachsene verbracht habe.

Obwohl der Einsprecher am nächsten Tag zu seinen Eltern

entlassen wurde, ist festzuhalten, dass vorliegend die enor