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89

RECHTSPRECHUNG

2/2008

forum

poenale

dung an die Anträge des Beschwerdeführers ab. Kam es zum

Schluss, dass die Vorinstanz auf gravierendere oder zusätz­

liche Schuldsprüche hätte erkennen müssen, verzichtete es

deshalb in Anwendung von Art. 277bis Abs. 1 Satz 1 aBStP

(in der Version vor der Aufhebung durch Anhang Ziff. 10

des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, am 1. Janu­

ar 2007, AS 2006 S. 1205) auf eine Rückweisung (BGE 111

IV 51 E. 2; Urteil 6S. 217/2002 vom 3. April 2003, E. 4).

Künftig soll das Verschlechterungsverbot in Art. 391 Abs. 2

und Art. 404 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessord­

nung bundesrechtlich einheitlich geregelt werden (vgl. Re­

ferendumsvorlage, BBl 2007 S. 7096 und 7100; dazu Bot­

schaft, BBl 2006 S. 1311).

1.4 Für den vorliegenden Fall ergibt sich das Verschlech­

terungsverbot aus § 399 StPO/ZH. Dass diese Bestimmung

der kantonalen Strafprozessordnung willkürlich angewen­

det worden sein soll, wird vom Beschwerdeführer nicht gel­

tend gemacht (vgl. BGE 129 III 417, E. 2.1.1). Er begründet

die beanstandete Schlechterstellung auch nicht unter Ver­

weis auf eine der genannten Bestimmungen des Bundesge­

setzesrechts, sondern stützt sich einzig auf den in der Ver­

fassung und der EMRK verankerten Grundsatz der

Verfahrensfairness. Ob er damit den Begründungsanforde­

rungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügt, kann ebenso of­

fen bleiben, wie die Frage, ob für das ‹reformatio in peius›-

Verbot nach der erwähnten Aufhebung von Art. 227 Abs. 2

aBStP im Rückweisungsverfahren derzeit eine bundesgeset­

zesrechtliche Grundlage besteht. Unabhängig davon, wor­

aus man das Verschlechterungsverbot vorliegend ableitet,

ist es nicht verletzt.

Eine reformatio in peius liegt vor, wenn die obere Ins­

tanz eine schwerere Strafe («une peine plus sévère») aus­

spricht als die untere Instanz. Im vorliegenden Fall hat die

erste Instanz eine unbedingte Gefängnisstrafe von 16 Mo­

naten ausgesprochen. Die Berufungsinstanz hat nach der

bundesgerichtlichen Kassation eine unbedingte Freiheits­

strafe von 14 Monaten ausgefällt. Eine Schlechterstellung

liegt somit objektiv nicht vor, weshalb der angerufene

Grundsatz nicht verletzt ist (Bundesgerichtsentscheide

6P.165/2001 vom 13. Dezember 2001 E. 3; 6P.121/2001

vom 21. September 2001, E. 4; vgl. Botschaft zur schweize­

rischen StPO, BBl 2006 S. 1311).Weil im neuerlichen Ober­

gerichtsurteil die Strafe reduziert wurde, braucht auch nicht

entschieden zu werden, ob die im ersten obergerichtlichen

Urteil erfolgte Bestätigung der erstinstanzlichen Strafhöhe

trotz reduziertem Schuldspruch mit dem Verbot der refor­

matio in peius zu vereinbaren war. Soweit in diesem Punkt

auf die Beschwerde einzutreten ist, erweist sie sich als unbe­

gründet.

[…]

n

Nr. 20

Kassationsgericht Zürich, Zirkulationsbeschluss

vom 3. Dezember 2007 i.S. X. gegen Staatsanwalt-

schaft I des Kantons Zürich – AC070029

§§ 428, 431 StPO/ZH, § 282 ZPO/ZH, Art. 92 Abs. 2 BGG: Nichtig-

keitsbeschwerde, Ausstandsbegehren, fehlerhafte Rechtsmit-

telbelehrung.

Da es sich bei Entscheiden über Ausstandsbegehren um prozess­

leitende Entscheide handelt, ist deren selbständige Anfechtung

mittels strafprozessualer Nichtigkeitsbeschwerde ausgeschlossen.

(Regeste der Schriftleitung)

§§ 428, 431 CPP/ZH, § 282 CPC/ZH, art. 92 al. 2 LTF: pourvoi en

cassation, demande de récusation, indication erronée des voies

de droit.

Parce qu’elles concernent le déroulement de la procédure, les

décisions relatives à une demande de récusation ne peuvent pas

être attaquées de manière indépendante au moyen d’un pourvoi

en cassation pénale. (Résumé de la rédaction)

§§ 428, 431 CPP/ZH, § 282 CPC/ZH, art. 92 cpv. 2 LTF: ricorso per

cassazione, domanda di ricusazione, indicazione errata dei

rimedi giuridici.

Siccome le decisioni sulle domande di ricusazione riguardano lo

svolgimento del processo, è esclusa un’impugnazione indipendente

delle medesime mediante ricorso per cassazione nell’ambito del

processo penale. (Regesto a cura della Direzione della rivista)

Sachverhalt:

ImOktober 2005 ordnete das Obergericht Zürich die Rückweisung

des laufenden Strafverfahrens an das Bezirksgericht Y. zur Wieder­

holung der Hauptverhandlung an. Als das Bezirksgericht die Par­

teien zur Hauptverhandlung einlud, ersuchte der Beschwerdefüh­

rer die Bezirksrichter und Gerichtssekretäre des Bezirksgerichtes,

welche in diesem Strafverfahren an früheren, aufgehobenen Urtei­

len beteiligt gewesen waren, in den Ausstand zu treten. Im Okto­

ber 2007 wies die Verwaltungskommission des Obergerichts Zü­

rich die Ausstandsbegehren ab, woraufhin der Beschwerdeführer

Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht Zürich erhob. Das

Kassationsgericht hat mangels Beschwerdefähigkeit des angefoch­

tenen Beschlusses entschieden, dass auf die Nichtigkeitsbeschwer­

de nicht eingetreten wird.

Aus den Erwägungen:

[…]

II.

1. Es stellt sich die Frage, ob eine kantonale Nichtigkeits­

beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss zulässig ist.

2.1 Die Vorinstanz hat im Dispositiv ihres Beschlusses

als zulässiges Rechtsmittel die kantonale Nichtigkeitsbe­

schwerde im Sinne der zürcherischen Zivilprozessordnung

aufgeführt. Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Be­

schwerde auf diese Rechtsmittelbelehrung.

2.2 Da es sich im vorliegenden Verfahren um einen Straf­

prozess handelt, ist eine zivilprozessuale Nichtigkeitsbe