Ein Rundgang durch das Neurolo-
gische Therapiecentrum und das
St. Marien-Hospital soll darüber
Aufklärung geben und Gelegen-
heit bieten, den Kollegen von der
Ergotherapie über die Schulter
zu schauen.
Auf der ersten Station sehen wir
Patienten, die gemeinsam an einem
Tisch sitzen und versuchen, mit ei-
ner Nadel auf ein kleines Schwämm-
chen einzustechen. ‚Feinmotorik-
gruppe‘ nennt sich das Ganze. Es
hilft den Patienten, alltägliche Be-
wegungsabläufe zu verbessern, wie
beispielsweise Knöpfe zu schließen,
zu schreiben, wieder mit Messer
und Gabel umgehen zu können. All
dies sind winzig kleine Bewegungs-
abläufe, für die unsere Hände das
Werkzeug sind und die einem erst
bewusst werden, wenn unsere Fein-
motorik auf Grund einer Erkrankung
eingeschränkt ist oder ausfällt.
Die ‚Kognitionsgruppe‘ ist in Brett-
spiele vertieft. Die Patienten sind
konzentriert bei der Sache. Bei
‚Mensch ärgere Dich nicht‘, ‚Ma-
lefiz‘ und ‚Mühle‘ werden Denk-
und Gedächtnisfunktionen trainiert.
Darunter zählen unter anderem das
Abstraktionsvermögen, also das
Filtern von wichtigen und unwich-
tigen Informationen, das Beurteilen
und Entscheiden von Sachverhal-
ten, logisches Denken, Schluss-
folgerungen aus Zusammen-
hängen ziehen, Problemlösungen
finden und natürlich das Kurz- und
Langzeitgedächtnis. Zu weiteren
Angeboten der Ergotherapie ge-
hören das Frühstückstraining, der
Mittagstisch, das Haushaltstraining,
die Kreativgruppe und viele andere
Bereiche, die dem Patienten in sei-
ner Selbstständigkeit weiterhelfen
sollen. Im großen Therapieraum
arbeiten Ergotherapeuten – gut zu
erkennen an ihren weinroten Polo-
shirts – mit Stöcken und Bällen und
führen Gymnastik mit den Patienten
durch. Im Treppenhaus üben Kol-
legen mit Patienten das Gehen am
Rollator und das Treppensteigen.
Aber ist das nicht die Aufgabe der
Physiotherapeuten?
Der Unterschied der beiden Fach-
bereiche liegt in der Zielsetzung. Die
Physiotherapie hat einen funktions-
orientierten Ansatz. Sie orientiert
sich bei der Behandlung an den
Beschwerden und den Funktions-,
Bewegungs- oder Aktivitätsein-
schränkungen des Patienten.
Der Schwerpunkt der Ergotherapie
liegt dagegen auf der Verbesserung
der Tätigkeiten im täglichen Leben.
Zum Beispiel das ADL-Training (Ak-
tivitäten des alltäglichen Lebens):
Es umfasst die Behandlung und das
Training individuell eingeschränkter
Bewegungsabläufe im Alltag.
Darunter können die eigene Kör-
perpflege fallen, das Ankleiden,
Haushaltsführung oder Tätigkei-
ten, die sich auf den beruflichen
Alltag oder Hobbys beziehen. Sich
alleine waschen und anziehen zu
können, ist für viele Patienten als
Ausdruck von Selbstständigkeit
wichtig. Ebenso zählt zur Ergothe-
rapie die Hilfsmittelberatung. Dabei
dreht sich alles rund um das für
den Patienten richtige Pflegebett,
den Gebrauch des Toiletten- oder
Duschstuhls oder die Auswahl und
Handhabung des Rollators.
Selbstständigkeit trainieren
Was macht die Ergotherapie?
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CellitinnenForum 1/2017
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