EuroWire – November 2007
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deutsch
Überwachungssystem für
Kraft und Temperatur bei
Starkstromleitungen
von Reinhard Girbig und Norbert Fink, Draka Comteq Germany GmbH & Co KG, Mönchengladbach, Deutschland
1. Einleitung
Die Deregulierung der Energiemärkte mit
deren steigender Anzahl an Windparks
und
kleinen
Kraftwerken
zwingt
Stromversorger zur Suche nach neuen
Strategien bei der Planung und beim
Betreiben von Freileitungen.
Eine der Strategien liegt in der
Optimierung
der
Stromübertragung
durch die bestehenden Infrastrukturen.
Bei derartigen Überlegungen stellen
die Temperatur des Seils und die
mechanischen Belastungen des Drahts
die Hauptparameter dar. Diese Parameter
bestimmen die vorhandenen Reserven bei
der Übertragungskapazität, die durch die
genehmigte Höchsttemperatur der Metalle
und den kritischen Durchhang und der
Bodenfreiheit eingeschränkt sind.
Bisher fordert der Betrieb von Freileitungen
Sicherheitsabstände für die Temperaturen,
die meistens durch fast schon als veraltet
anzusehende
Berechnungsverfahren
und Annahmen ermittelt werden. Eine
wirtschaftliche Nutzung der Reserven einer
bestehenden Leitung ist kaum möglich.
Das beschriebene faserbasierte Freileit-
ungsüberwachungssystem
ermöglicht
die Online- und Fernmessung der
Innentemperatur und der mechanischen
Belastungen eines Seils. Die Anwendung
eines solchen Systems bewirkt eine
Kapitalrendite
in
sehr
kurzer
Zeit
bei
hochbelasteten
Leitungen
in
einem Stromnetz. Hohe mechanische
Belastungen aufgrund von Eis können
ebenfalls
erkannt
werden
und
Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden
bevor die Maste zusammenbrechen.
Darüber hinaus können anhand dieses
Systems die Plandaten und -annahmen für
den Bau von Netzerweiterungen überprüft
werden.
2. Systembeschreibung
2.1 Allgemeine Übersicht
Bestehende
Techniken
im
Bereich
Temperatur-
und
Kraftüberwachung
für Phasenseile basieren entweder auf
mechanischen
oder
Lichtwellenleiter-
Systemen. Die erstgenannten haben
eine
begrenzte
Lebensdauer
sowie
Zuverlässigkeit und sind ungenauer im
Vergleich zu Lichtwellenleiter-Systemen.
Bei Fasersystemen benutzt man bis heute
Raman-Streuung, wo das Verhältnis der
Intensität der Stokes-und Anti-Stokes-Linie
des Streuungsspektrums der Temperatur
proportional ist. Bei einem solchem
System
[1]
muß das Phasenseil in der Regel
durch eine komplette OPPC- (Optical Phase
Conductor - Lichtwellenleiter Phasenseil)
Kabellänge ersetzt werden, was das System
wiederum teuer macht.
Um die Installation eines neuen Kabels
zu vermeiden, nutzt das beschriebene
System die Korrelation zwischen der
Seiltemperatur und der Temperatur
des Überbrückungskabels, das zwei
Kabelabschnitte einer Leitung in einem
Spannungsmast überbrückt. Statt eine
ganze Kabellänge zu ersetzen, wird
lediglich ein kurzes Überbrückungskabel
benutzt, das eine Sensorfaser enthält.
Im Gegensatz zum Raman-basierten
Fasersystem wird der Sensor als ein
Faser-Bragg-Gitter (FBG) erzeugt, mit
Einsatz der thermooptischen Wirkung,
um die Temperatur zu messen. Ein Ende
des Überbrückungskabels läuft in einen
Trenner, wo die Sensorfaser in eine normale
Faser gespleißt wird und abwärts am Mast
für weitere Datenübertragungen führt; das
andere Ende ist wie immer am Phasenseil
angeschlossen.
Bild 1
zeigt das Prinzip des
Temperaturüberwachungssystems.
Durch das Hinzufügen von Dehnungs-
sensoren, ebenfalls mit Einsatz der FBG-
Technologie, und einer kleinen auf dem
Mast montierten Wetterstation, wurde
ein komplettes Überwachungssystem der
Starkstromleitung realisiert. Die Signale
aus den FBG-Sensoren können durch ein
optisches erdverlegtes Kabel oder eine
bestehende OPGW-Verbindung sowohl
in einer kleinen am Mast montierten
Einheit bearbeitet oder zu einem anderen
Standort transportiert werden. In beiden
Fällen kann ein Prozessor Signale aus
verschiedenen Standorten behandeln.
Bild 1
:
Temperaturüberwachung - Einstellung des
Prinzips
▲
Bild 2
:
Faser-Bragg-Gitter – Prinzip
▲
Überbrückungskabel
mit Sensorfaser
Phasenseil
LWL-Anschlußkabel
Detail A
Datenverarbeitung
Anschlußkabel
Trenner
Reflektierte Wellenlänge
(Bragg-Wellenlänge)
Reflektive Indexvariationen
Reflektions-
vermögen
(dB)