Previous Page  13 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 13 / 36 Next Page
Page Background

>

Ein Apotheker bot Kunden einen Bonus-

Bon imWert von 50 Cent für jeden Besuch

der Apotheke als Kundenbindungssystem

an. Die zuständige Apothekerkammer

untersagte dem Apotheker, Kunden bei

der Einlösung eines Rezeptes über ver-

schreibungspflichtige Arzneimittel die-

sen Bonus-Bon anzubieten, um ihn dann

bei dem Erwerb rezeptfreier Produkte mit

dem Kaufpreis zu verrechnen. Sie ordne-

te den Sofortvollzug der Untersagung

an. Hiergegen richtete sich der Antrag

des Klägers auf Gewährung vorläufigen

Rechtsschutzes.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg

lehnte mit Beschluss vom 11. April 2017

den Antrag ab und bestätigte damit den

Sofortvollzug. Es sah einen Verstoß gegen

das Arzneimittelpreisrecht als gegeben

an. Mit der Gewährung des Bonus-Bons

über 50 Cent werde den Kunden beim Er-

werb verschreibungspflichtiger und damit

preisgebundener Arzneimittel ein wirt-

schaftlicher Vorteil gewährt, den sie in

anderen Apotheken für diese Arzneimittel

nicht erhalten.

Die vom Apotheker vertretene An-

sicht, die Abgabe der Bonus-Bons gesche-

he unterschiedslos und belohne die Treue

der Kunden zum Zwecke der Kundenbin-

dung, führe nach Auffassung des Gerichts

zu keiner anderen Bewertung. Auch auf

die wettbewerbsrechtliche Spürbarkeits-

schwelle – das Landgericht Lüneburg

hatte wegen desselben Sachverhalts in

einem zivilrechtlichen Verfahren die Ge-

währung von Bonus-Bons in Höhe von 50

Cent aus wettbewerbsrechtlicher Sicht

für zulässig gehalten, da hierdurch we-

der eine „wesentliche“ noch „spürbare“

Beeinträchtigung der Interessen anderer

Marktteilnehmer eintrete – komme es

ebenfalls nicht an. Denn die öffentlich

rechtlichen Vorschriften zur Arzneimit-

telpreisbindung als solche enthielten we-

der eine Spürbarkeitsschwelle noch einen

Bagatellvorbehalt.

Die Arzneimittelpreisbindung, gegen

Beim Erwerb von Rx-Arzneimitteln:

Abgabe von Bonus-Bons unzulässig

Urteil des Verwaltungsgerichtes Lüneburg

die im vorliegenden Fall verstoßen wird,

sei auch nach dem EuGH-Urteil vom 19.

Oktober 2016 und trotz vorliegender In-

länderdiskriminierung als verfassungs-

konform anzusehen. Das VG Lüneburg

sah die Berufsfreiheit, die in Artikel 12

Grundgesetz verankert ist, als nicht ver-

letzt an.

Der Eingriff indieBerufsausübungdes

Apothekers sei nicht nur durch vernünfti-

ge Erwägungen des Allgemeinwohls, son-

dern sogar durch überragende Interessen

des Gemeinwohls gerechtfertigt. Ziel sei

es, die flächendeckende Versorgung ver-

schreibungspflichtiger Arzneimittel zu

gleichen Preisen zu gewährleisten. Dar-

über hinaus sei die Untersagungsverfü-

gung der Apothekerkammer geeignet,

einem ruinösen Preiswettbewerb unter

Apotheken vorzubeugen.

Nach unseren Informationen wurde

gegen die Entscheidung des VG Lüneburg

durch den klagenden Apotheker Rechts-

mittel eingelegt. <

Auslegung einzelner Vorschriften

durch die Apothekenaufsicht

Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Apothekenbetriebsordnung

>

Auf Initiative des Kammervorstandes

wurde im Jahr 2015 eine Arbeitsgruppe ins

Leben gerufen, der fünf Amtsapotheker/

innen sowie fünf Vertreter der Apotheker-

kammer angehören. Anlass war, zunächst

im „kleinen Kreis“ bekannt gewordene

Probleme bei der Apothekenüberwa-

chung sowie der Auslegung apotheken-

rechtlicher Vorschriften, insbesondere

der Apothekenbetriebsordnung, durch die

Apothekenaufsichtsbehörden zu erörtern.

Die Arbeitsgruppe hat in den Jah-

ren 2015 und 2016 insgesamt viermal

getagt und dabei verschiedene Themen

behandelt. Die Ergebnisse wurden in ei-

nem „Themenpapier“ zusammengefasst

und mit allen Amtsapothekerinnen/

Amtsapothekern unseres Kammerberei-

ches in einer gemeinsamen Sitzung be-

sprochen und abgestimmt.

Das „Themenpapier“ sowie auch eine

Übersicht über bereitzuhaltende Unterla-

gen für eine angekündigte Regelinspek-

tion können im internen Bereich unserer

Website unter

www.akwl.de

in der Rubrik

„Infos Pharmazie, Recht und Politik, Un-

terrubrik Ratgeber Recht, Wissenswertes“

abgerufen werden.

Das abgestimmte Themenpapier soll

natürlich zu einer möglichst einheitlichen

Auslegung bzw. Handhabung der hierin

aufgeführten Themen durch die Apothe-

kenaufsicht beitragen. Eine Bindungs-

wirkung für die Amtsapothekerinnen/

Amtsapotheker bei deren Beurteilung so-

wie Entscheidungen zu bestimmten Sach-

verhalten, zumal diese auch jeweils von

den Umständen des Einzelfalles abhängig

sind, kann hieraus jedoch nicht hergeleitet

werden.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen

gerne zur Verfügung. <

RECHT

AKWL

Mitteilungs

blatt

03-2017 /

13