Cellitinnen 4_2014_051114-1 - page 3

Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
die sieben Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstige tränken,
Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene
besuchen, Tote bestatten. Ist nicht gerade die Weihnachtszeit mit ihrem
blinkenden und grellen Glanz und mit ihrem übersteigerten Konsumrausch
eine gute Gelegenheit, an diese ‚gelebte Nächstenliebe‘ zu erinnern? Ich
habe es an dieser Stelle schon mehrfach getan und ich bin der Meinung,
dass man es gar nicht oft genug tun kann.
Lassen Sie mich diesen sieben Werken der Barmherzigkeit hier und jetzt ein
weiteres hinzufügen, nämlich Sterbende begleiten, und damit ganz bewusst
auf unser Titelthema hinweisen. Was vor zwei, drei Generationen noch eine
Selbstverständlichkeit war, das Sterben zu Hause, im Kreise der Familie,
wird zur Ausnahme. Dabei wünschen sich zwei Drittel der Bevölkerung gerade dies. Die Realität sieht anders aus:
Die meisten Menschen, nämlich über 40 Prozent, sterben im Krankenhaus, etwa 30 Prozent in einer stationären
Pflegeeinrichtung und nur 25 Prozent in der häuslichen Umgebung. In einer Gesellschaft, die das Sterben und
den Tod immer mehr in den Hintergrund drängt, die wegen der familiären Situation und der sozialen Struktur nicht
mehr lernt, mit dem Sterben, mit Tod und Trauer umzugehen, ist es wichtig, Möglichkeiten und Orte zu schaffen,
wo Menschen im Sterben begleitet werden. Orte, an denen mit den Worten von Cicely Saunders, der Begründerin
der modernen Hospizbewegung, dem Leben nicht mehr Tage gegeben werden, sondern den Tagen mehr Leben;
wo der körperliche Schmerz genommen, Pflege ohne Hast geleistet, gemeinsam gelacht, geweint und auch
gebetet wird. Wir sind froh und dankbar, von Trägerseite einen solchen Ort mit dem Hospiz St. Vinzenz anbieten
zu können.
Wir möchten Ihnen in unserem Titelthema diesen Ort vorstellen und Ihnen einen Einblick in den Hospizalltag
geben. Wir möchten Ihnen zeigen, mit welcher Hingabe und welchem Engagement unsere haupt- und
ehrenamtlichen Mitarbeiter ihre Aufgaben erfüllen. Hinweisen möchten wir Sie aber auch auf die Kraftakte, die
dem Förderverein und dem Träger abverlangt werden, um den zehnprozentigen Eigenanteil am Betrieb des
Hospizes zu finanzieren. Wir hoffen und wünschen, dass sich im Jahr 2015 endlich die Pläne zum Hospizneubau
mit ansprechender Architektur und einem angeschlossenen Garten verwirklichen lassen, denn wir möchten den
Tagen mehr Leben und den Sterbenden einen würdigen Abschied schenken.
Hans Mauel
Vorsitzender des Vorstandes
der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria
Vorwort
CellitinnenForum 4/2014
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