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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014

21

ORGANISATION

Wichtig wärs ja schon –

bloss fehlt die Überzeugung

Wissen sichern, klare Abläufe und Verantwortlichkeiten bestimmen. Es spricht

viel dafür, sich mit der eigenen Arbeit auseinander zu setzen. Doch aller Anfang

ist schwer beim Prozessmanagement. Obwohl viele Gemeinden Bedarf orten.

«Ich weiss ja, was ich tue, weshalb soll

ich mir nun überlegen, wie die Prozesse

aussehen?» So oder ähnlich tönt es,

wenn von oben angeordnet wird, dass

man ein Prozessmanagementsystem

aufbauen will. Das ist nicht nur in der

Privatwirtschaft so, sondern auch bei der

öffentlichen Hand. Auch in Zürich (vgl. S.

23) musste Überzeugungsarbeit geleis-

tet werden.

Dabei wäre der Bedarf ausgewiesen, das

hat eine Umfrage der Zürcher Hoch-

schule für angewandte Wissenschaft

zhaw ergeben. 13 Prozent der insgesamt

rund 1400 angeschriebenen Gemeinden

haben den webbasierten Fragebogen

beantwortet.

Fehlende Ressourcen, fehlende Zeit

Die meisten Gemeinden, die sich an der

Umfrage beteiligt haben, erachten ein

Geschäftsprozessmanagement zwar als

wichtig, fast die Hälfte hat sich aber noch

nicht mit dem Thema auseinanderge-

setzt. Es erstaunt nicht, fehlt in den meis-

ten Gemeinden eine Strategie dafür (vgl.

S. 20). Als Gründe werden meist feh-

lende Ressourcen oder fehlende Zeit

genannt. Diejenigen, die bereits Model-

lierungsprozesse eingeführt haben, ga-

ben als Hauptgrund das Interne Kontroll-

system IKS an, gefolgt von Kostendruck

und Kooperationen oder Fusionen mit

anderen Gemeinden. Qualitätsmanage-

ment oder eine verstärkte Kundenorien-

tierung war bei 20 bzw. 13 Prozent der

befragten Gemeinden ein Grund.

Offenbar nützt aber Druck von oben, im

Kanton St. Gallen war die gesetzliche

Einführung des Internen Kontrollsys-

tems im Jahr 2013 für viele Gemeinden

ausschlaggebend für die Einführung ei-

nes Prozessmanagementsystems in ih-

renVerwaltungen (siehe Kasten). Es gibt

aber auch andere Beispiele: Gemeinden,

die ein solches System von sich aus ein-

geführt haben, beispielsweise Kalt-

brunn. Die 4600-Einwohner-Gemeinde

im Bezirk See-Gaster ist seit 1999

ISO-zertifiziert. Seit dieser Zeit werden

die Prozesse laufend dokumentiert und

wenn nötig optimiert, sagt Esther Gmür,

die das Managementsystem leitet. Der

Gemeindepräsident übernimmt die

Funktion des Managementsystembeauf-

tragten.

Bloss anfänglicherWiderstand

Zu Beginn waren es in Kaltbrunn vor al-

lem die Verwaltungsangestellten, die

dem Prozessmanagement eher skep-

tisch gegenüberstanden und die von den

langfristigen Vorteilen eines solchen

Systems überzeugt werden mussten.

Der Gemeinderat hingegen begrüsste

das Vorhaben von Anfang an. «Unter-

dessen ist es aber eher umgekehrt», sagt

Esther Gmür. Grund dafür sind die Kos-

ten, welche die Anschaffung neuer EDV

und die regelmässigen, externen Audits

mit sich bringen, die vom Zertifizierer

verlangt werden. Pro Jahr zahlt Kalt-

brunn etwa 5800 Franken für das Quali-

tätsmanagement, bei einemUmsatz von

etwa 20 Millionen Franken. Zusätzliche

Ressourcen waren gemäss Esther Gmür

jedoch nicht notwendig. Die Gemeinde

sei vorher schon gut organisiert gewe-

sen, somit habe sich der Dokumentati-

onsaufwand in Grenzen gehalten.

Auch in Gossau, der mit rund 18000 Ein-

wohnern viertgrössten Stadt im Kanton

St. Gallen, bestand die schwierigsteAuf-

gabe darin, dieVerwaltungsangestellten

von den langfristigen Gewinnen eines

solchen Systems zu überzeugen. Zwar

sei man sehr euphorisch in das Projekt

gestartet, die Mitarbeitenden allesamt

mit ins Boot zu holen, sei aber leider

nicht gelungen, sagt Urs Salzmann,

Kommunikationsbeauftragter der Stadt

Gossau. Auch sei das ursprüngliche Ziel,

innerhalb von zwei Jahren alle Prozesse

zu dokumentieren, zu ehrgeizig gewe-