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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014

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FINANZEN

HRM2: besser oder nur

komplizierter?

HRM was? In der breiteren Öffentlichkeit wird man zum Stichwort

Harmonisiertes Rechnungsmodell 2, kurz HRM2 genannt, kaum etwas zu hören

bekommen. In den betroffenen Fachkreisen jedoch umso mehr.

Den Doktor machen, heisst es umgangs-

sprachlich, wenn jemand mit einer Ar-

beit einfach nicht abschliessen kann.

Und ganz sicher «gedökterlet» haben in

den letzten Jahren die Rechnungsle-

gungsexperten, welche für die Unter-

nehmen ständig umfangreichere und

ausgeklügeltere Regelwerke ausgear-

beitet haben. Die BilanzskandaleAnfang

der 2000er-Jahre haben allerdings ge-

zeigt, dass noch so detaillierte und kom-

plexe Regeln nicht vorTricksereien schüt-

zen. ImGegenteil, weniger ist oft mehr.Wo

die Grenze zwischen Erbsenzählerei und

Laschheit liegt, ist allerdings unklar.

Bei der Rechnungslegung der öffentli-

chenVerwaltung geht derTrend unzwei-

felhaft aber noch in Richtung Komplexi-

tät. Mit dem neuen Regelwerk HRM2,

das das aktuelle Rechnungslegungsmo-

dell ersetzen soll, ist in derTat ein grosser

Wurf beabsichtigt. Die Rechnungslegung

der öffentlichen Hand soll damit deutlich

stärker auf eine betriebswirtschaftliche

Sicht und auf internationale Rech-

nungslegungsstandards ausgerichtet

werden. Die Experten sind sich einig:

HMR2 ist mehr als ein simples Lifting

des aktuellen Modells HMR1. Beispiels-

weise wird das System der harmoni-

sierten Abschreibungen auf dem Rest-

buchwert

des

Verwaltungsvermögens

durch einAbschreibungssys-

tem nach Lebensdauer der

Anlagegüte ersetzt. Auch

wird ein komplett neuer Kon-

tenrahmen eingeführt. Dazu

kommen neue Instrumente

wie die Anlagebuchhaltung,

die Geldflussrechnung sowie die ausge-

baute Berichterstattung zur Jahresrech-

nung.

Murren in Nidwalden

Während viele Kantone erst vor der Ein-

führung des neuen Systems stehen, ha-

ben die Gemeinden des Kantons Nid-

walden das neue Rechnungsmodell

teilweise bereits vor drei Jahren einge-

führt. Und anfänglich auch heftig mit

ihm zu kämpfen gehabt. Klaus Hess,

Geschäftsführer der Nidwaldner Ge-

meindepräsidentenkonferenz, hat einen

deutlich grösseren Papierkrieg festge-

stellt. Budget und Erfolgsrechnung um-

fassten mehr Seiten, dafür

sei es für Stimmbürger nun

schwieriger geworden, den

Durchblick zu bekommen. In

vielen Bereichen sei der De-

taillierungsgrad gestiegen,

in andern die Vergleichbar-

keit dagegen nun erschwert:

«Es kommt mir vor, wie

wenn es im Fussball eine Vorschrift

gäbe, eine Mannschaft könnte aus zehn

bis zwölf Spielern bestehen», sagt Hess.

Insgesamt also deutlich mehr Aufwand,

ohne dass dieVergleichbarkeit entschei-

dend besser geworden wäre. Heute

habe man in Nidwalden aber gelernt, mit

HRM2 zu leben. Es sei eben ein gut eid-

genössischer Kompromiss, und es sei

nicht alles schlecht an diesem Modell.

Einige Wermutstropfen sieht auch Rolf

Widmer, Abteilungsleiter Gemeinden im

Amt für Gemeinden und Raumordnung

des Kanton Bern: «Bereits jetzt weiss

man zum Beispiel, dass es nicht gelin-

gen wird, schweizweit die erwünschte

Harmonisierung der Rechnungslegung

unter den Kantonen zu erreichen.» Auch

der Kanton Bern habe bei der Einfüh-

rung von HRM2 bei den Gemeinden lei-

der von gewissen Harmonisierungsnor-

men abweichen müssen. Die gesteckten

Ziele hätten bisher aber trotzdem gross-

mehrheitlich erreicht werden können.

Gerade für Kleinstkörperschaften wird

es nach Widmer nicht einfach sein, den

Nutzen von HRM2 zu sehen. Diese hätten

aber die Möglichkeit, gewisse Erleichte-

rungen in Anspruch zu nehmen. Zum

Beispiel durch denVerzicht auf die Geld-

flussrechnung oder durch Erleichterun-

gen bei der Finanzplanung. Viele Berner

Gemeinden seien aber sehr offen für

HRM2 und sähen, dass das neue System

mehr Transparenz bringen werde: «Da

die neuen Instrumente und Darstellun-

gen aus der Buchführung in der Privat-

wirtschaft bekannt sind, wird es für Be-

«Ohne

Neubewertung

ist die Harmo-

nisierung nur

teilweise zu

erreichen.»

HRM2: In den betroffenen Fachkreisen ist der Begriff

Bild: Gina Sanders

ein permanentesThema.