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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014

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ORGANISATION

Die Finanzkontrolle prüft bei der Revision

der einzelnen Einheiten auch deren IKS

und Risikomanagement und kann er-

freulicherweise grösstenteils bestätigen,

dass ein dokumentiertes IKS existiert

und eine Risikobeurteilung vorgenom-

men wurde. Aus meiner Sicht haben

viele Organisationseinheiten den Nutzen

dieser Instrumente erkannt und betrei-

ben sie aus eigenem Interesse auf einem

guten, angemessenen Niveau.

In unserer Versicherungsgesellschaft

besteht die Gefahr, jedes Detail erfas-

sen zu wollen.Wie vermeidet man,

übers Ziel hinauszuschiessen?

Ein wichtiges Stichwort dazu ist dieWe-

sentlichkeit: Es geht um die wesentli-

chen Risiken und auch beim IKS darum,

die wesentlichen, risikobehafteten Pro-

zesse angemessen zu kontrollieren.Wird

zu wenig kontrolliert, kommt schnell die

Frage: Wie konnte so etwas bloss ge-

schehen? Bei einem Zuviel steigt die

Gefahr, dass alles versandet oder ober-

flächlich wird. Es ist eine Gratwande-

rung. Auch wir müssen unsere Ansätze

immer wieder überprüfen und längere

Listen allenfalls sogar straffen. Beim

Chancen- und Risikomanagement mach-

ten wir die Erfahrung, dass nicht die ge-

naue Positionierung auf der Landkarte

entscheidend ist, sondern die Diskussion

zwischen den Verantwortlichen.

In einer Grossstadt gibt es Spezialis-

ten, man kann auf externe Fachleute

zurückgreifen. In einer kleinen

Gemeinde ist das anders, was raten

Sie dem Gemeindepräsidenten, wenn

er dasThema angehen will?

In der Stadt Zürich hat ein Leitungs-

team der Finanzverwaltung zusammen

mit Fachpersonen aus der gesamten

Verwaltung diese Führungsinstru-

mente erarbeitet und eingeführt. Me-

thodisch wurden wir vom Institut für

Verwaltungsmanagement der zhaw be-

gleitet. Daneben hatten wir fast keine

Externen. Dass es nun eine Stelle gibt,

die das Risikomanagement und das IKS

stadtweit koordiniert und dass auch in

jeder Organisationseinheit entspre-

chende Beauftragte ernannt wurden,

erleichtert den Betrieb. Diese Verant-

wortlichen haben daneben jedoch meist

noch viele weitere Aufgaben.

Entsprechend rate ich einer kleinen Ge-

meinde, eine Person zu ernennen, die

sich um dieseThemen kümmert und den

Aufbau sowie die Pflege und

den Einsatz von Risikoma-

nagement und IKS voran-

treibt. In einer ersten Phase

könnte diese Person das

Viele, das bereits besteht,

einmal zusammentragen.

Denn jede Organisation be-

achtet Risiken und führt Kontrollen

durch; die Frage ist bloss, wie weit dies

bloss informell und zufallsgesteuert ist

oder ob es aufs Wesentliche ausgerich-

tet, standardisiert und dokumentiert ist.

Was tun, wenn man hier Verbesse-

rungspotenzial erkennt?

Am wichtigsten erachte ich, dass Exeku-

tive undVerwaltungsführung hinter dem

Ganzen stehen. Weshalb nicht einmal

mit dem Gemeinderat und demVerwal-

tungskader einen Workshop durchfüh-

ren? Wenn ein Überblick über die Ge-

meinde, ihr Umfeld und die wichtigsten

Aufgaben und Ziele erarbeitet wurde,

können die grössten Risiken sowie die

wesentlichen Prozesse abgeleitet wer-

den. In einem nächsten Schritt würde ich

für die grössten Risiken Massnahmen

festlegen und bei einem ersten Prozess

exemplarisch Ablauf und Kontrollen do-

kumentieren. Auf Basis dieser ersten

Erfahrung und dieses Prototyps kann

dann diskutiert werden, wie Risikoma-

nagement und IKS ausgestaltet sein sol-

len. In diesem Rahmen ist auch festzule-

gen, wie die Gemeinde mit Risiken

umgehen will. Wichtiger als die genaue

Methode erscheint mir, dass man damit

beginnt!

Hat die Stadt Zürich jetzt alle

Risiken unter Kontrolle?

Keine Organisation hat alles unter Kon-

trolle. Erstens gibt es immer Risiken, die

man gar nicht beeinflussen kann, den-

ken Sie an ein Erdbeben. Zweitens sind

wir alle

Menschen:Wir

übersehen man-

ches – Sie wissen, dass wir Europäer

immer davon ausgegangen sind, dass

es keine schwarzen Schwäne gibt – bis

sie in Australien entdeckt wurden. Und

niemand hat die Garantie, dass er Ein-

trittswahrscheinlichkeit und Auswirkun-

gen richtig einschätzt oder dass er die

richtigen Massnahmen eingeleitet hat.

Drittens kann dieTechnik ver-

sagen.Viertens kann fast jede

Kontrolle vergessen gehen

oder umgangen werden,

wenn zwei oder mehrere be-

trügerisch zusammenarbei-

ten. Fünftens wäre es zu auf-

wändig und zu teuer, alles

kontrollieren zu wollen.Wir wollen keine

absolute, sondern eine angemessene

Sicherheit. Sechstens wäre es lähmend,

alle Risiken auszuschliessen; die Stadt

Zürich will kalkulierte Risiken eingehen.

Chancen zu nutzen, geht nicht, ohne

auch Risiken einzugehen.

Und wie lautet Ihr Fazit?

Insgesamt will die Stadt Zürich ihre

Aufgaben sicher, effizient und ord-

nungsgemäss erfüllen. Das Chancen-

und Risikomanagement sowie das In-

terne Kontrollsystem leisten dazu

wichtige Beiträge. Selbstverständlich

kann man nicht belegen, welche Schä-

den dadurch vermieden wurden. Doch

wir sind überzeugt, dass sich diese In-

vestition gelohnt hat und weiterhin

lohnt.

Interview: Peter Camenzind

Infos:

www. tinyurl.com/prbwmmr

www. tinyurl.com/nzr6xbh

«Es geht

um die

wesentlichen

Risiken und

Prozesse»

Dr. Markus

Braunschweiler

ist Projektleiter in

der Finanzverwal-

tung der Stadt

Zürich und leitet

das IKS-Kompetenz-

zentrum.

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