SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014
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GEMEINDEPORTRÄT
Ohne das Vertrauen der
Bevölkerung droht Widerstand
Vor fünfzig Jahren war Mooseeedorf ein Bauerndorf am Rand der Stadt Bern.
Heute leben fast 4000 Menschen in der Gemeinde. Jüngst machte die
Gemeinde Schlagzeilen, weil sie fünfzig Asylbewerber aufgenommen hat.
Gemeindepräsident Peter Bill und der
Gemeindeschreiber Peter Scholl stehen
vor dem neuen Strandbad. Die Balken
und Wände des Holzbaus schimmern
silbern. Das Bad ist die Attraktion von
Moosseedorf. Im Frühling
wird der See schnell warm
und erreicht schon früh Tem-
peraturen von über 20 Grad.
Jetzt, imNovember, ist es still.
Ein Fischer steht am Ufer, da-
neben verlassene Spielge-
räte. Eine Schar Blesshühner
weidet auf der Liegewiese.
Auf Steinquadern sitzen zwei Asylsu-
chende. Sie sind der Grund unseres Be-
suchs in der Berner Vorortsgemeinde.
Doch davon später.
«Moos Seedorf», der Name sagts, war
bis ins 19. Jahrhundert eine sumpfige
Gegend. In der Jungsteinzeit, 4000 vor
Christus, lebten die Pfahlbauer an den
Ufern des Sees. Es folgten Kelten, Rö-
mer, Alemannen, Burgunder. Die erste
schriftliche Erwähnung der Gemeinde
datiert von 1242. Die Cluniacenser-Mön-
che von der Petersinsel strit-
ten mit dem Ritter Moser um
Landrechte. Das Gemäuer
seiner Burg ist heute noch zu
sehen, die Steine wurden in
der Metzgerei an der Sand-
strasse verbaut.
1402 fiel die Dorfgemeinschaft
unter die Herrschaft von
Schultheiss und Rat zu Bern. Knapp 400
Jahre später fegten die französischen
Revolutionstruppen in der Schlacht am
Grauholz das Ancien Régime weg – das
Denkmal steht auf Gemeindegebiet. Die
Dorfgemeinschaft gehörte daraufhin
zum Distrikt Zollikofen und wurde 1803
Teil des Oberamts Fraubrunnen. Erst
1833, als dieTagsatzung in der Regene-
ration die erste gemässigt liberale Bun-
desverfassung in Kraft setzte, trat an
die Stelle der ständischen «Rechtsame-
gemeinde» die Einwohnergemeinde.
Der Pegel des Moossees ist ein Dau-
erthema hier, auch diesen Sommer. «Es
hatte viel Wasser imMoossee», sagt Bill.
Nach einer Renaturierung des Flusses
Urtenen staute sich das Wasser. Zuerst
wurden die Gemeindebehörden nicht
ernst genommen, als sie auf einen Feh-
ler hinwiesen. Sie sollten aber recht be-
halten. «Die Flusssohle wurde zu hoch
gelegt, hat man herausgefunden», sagt
Gemeindeschreiber Scholl. Der Fehler
wurde korrigiert, der Seespiegel ist jetzt
wieder gesunken.
Moosseedorfs Dorfkern «uf der Linde»
mit einigen stattlichen Bauernhäusern
Gemeindepräsident Peter Bill (SVP) und Gemeindeschreiber Peter Scholl: «Wir sind die Zugpferde in der Gemeinde.»
Bilder: Severin Nowacki
«Von 1958
bis 1965
stieg der
Bodenpreis
von 20 auf
130 Franken.»