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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014

22

ORGANISATION

sen. Bis im August dieses Jahres habe

man aber 120 Prozesse dokumentieren

können. Bis auf Weiteres werden in Gos-

sau Prozesse aber nur dann dokumen-

tiert und gegebenenfalls optimiert, wenn

Probleme auftreten oder bei einem

Wechsel in der Amtsleitung. Das nächste

Mal wird das voraussichtlich 2015 der

Fall sein, wenn das Inseratewesen neu

gestaltet werden muss.

Austausch wenig genutzt

Um ressourcen- oder finanzschwachen

Gemeinden zu helfen, Prozesse ohne

grossen Aufwand auf ihre Bedürfnisse

zu adaptieren, wurde Anfang Jahr die

gesamtschweizerische Prozessaustausch-

plattform «eCH.ch» ins Leben gerufen.

Auf dieser Plattform sollen Prozessbe-

schreibungen von Gemeinden und Kan-

tonen publiziert und ausgetauscht wer-

den. Derzeit nutzt aber lediglich etwa ein

Viertel der befragten Gemeinden Vorla-

gen anderer Gemeinden oder Kantone,

etwa die Hälfte würde ihre modellierten

Prozesse künftig gerne auf einer Aus-

tauschplattform aufschalten. Die meis-

ten der befragten Gemeinden berück-

sichtigen gemäss der Umfrage der

«zhaw» aber weder Prozess-

managementstandards von

Bund, Kantonen oder der ei-

genen Gemeinde, noch nut-

zen sie Referenz- oder Muster-

prozesse anderer Kantone

und Gemeinden. Für einige

Gemeinden ist der Aufwand

zu gross, andere sehen die lo-

kalen Unterschiede zwischen

den Gemeinden als Hürde. Und verein-

zelt werden die eigenen Prozesse als

«Betriebsgeheimnis» oder als «zu unin-

teressant für andere» bezeichnet.

Für Urs Salzmann ist es vor allem für

kleinere Gemeinden nicht immer ein-

fach, gewisse Prozessabläufe 1:1 zu

übernehmen. «Wir haben festgestellt,

dass der Austausch vor allem bei kom-

plexerenThemen schwierig ist. Bei klar

geregelten, einheitlichen Abläufen, bei-

spielsweise einem Betreibungsverfah-

ren, ist es hingegen einfach.» Gossau

selber nutzt übrigens auch keine Pro-

zessaustauschplattform, obwohl die

Stadt, zusammen mit Dübendorf, in die

Pilotphase von «eCH.ch» involviert war.

Einen weiteren Grund für die geringe

Nachfrage ortet Lukas Summermatter,

Leiter des Amts für Gemeinden im Kan-

ton St. Gallen, im Fehlen von Bedürfnis-

sen. «Ich habe manchmal den Eindruck,

dass bei solchen Prozessen oftmals die

Tools im Vordergrund stehen. Ohne ein

echtes Bedürfnis braucht man aber auch

keine solchenTools.» Eine regelmässige

Überprüfung der Prozesse mit Optimie-

rungen, dort wo sie notwendig sind, er-

achtet aber auch Lukas Summermatter

als sinnvoll und notwendig. Für ihn stellt

sich lediglich die Frage, ob solche Mo-

dellierungsprozesse zwingend immer

flächendeckend nötig sind.

Überzeugungsarbeit notwendig

Die Beispiele von Gossau und Kaltbrunn

zeigen deutlich, dass es für eine grosse

Verwaltung nicht zwingend einfacher ist,

ein Geschäftsprozessmanagement ein-

zuführen. Fehlt das Bedürfnis danach

oder sind die Mitarbeitenden in der Ver-

waltung nicht vom Nutzen überzeugt,

wird es schwierig. Und solche

Prozesse zu erzwingen oder

von oben zu verordnen, erach-

tet weder Urs Salzmann noch

Lukas Summermatter als ziel-

führend. Die Hauptaufgabe

der Prozessmanagementver-

antwortlichen in den Gemein-

den wird deshalb in der nächs-

ten Zeit sein, die Bedürfnisse

auszuloten und den Mitarbeitenden die

Vorteile von Modellierungsprozessen

klar aufzuzeigen. Für Esther Gmür, Lei-

terin des Managementsystems in Kalt-

brunn, sind das vor allem die einheitli-

cheStrukturinderAufgabenbewältigung,

Klarheit in den Abläufen und Rückhalt.

Patrick Stämpfli

Informationen:

www.tinyurl.com/IWI-Umfrage

«Einige

Gemeinden-

betrachten

ihre

Prozesse als

Geheimnis.»