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1. Einleitende Bemerkungen
I. Als im Jahr 1948 der erste offiziell ernannte Generalsekretär der zu
damaliger Zeit noch jungen Vereinten Nationen,
Trygve Halvdan
Lie,
zusammen mit der UN-Vollversammlung die
Allgemeine Erklä-
rung der Menschenrechte
ausrief, die insgesamt dreißig Artikel um-
fasst, nahm man, unter anderem, mehrere Fäden innerhalb bestehen-
der Menschenrechtskonzeptionen auf, deren Ursprung bereits in der
Antike und im Christentum zu finden sind und zum einen Denker
wie Kant, Hobbes, Locke usw. theoretisch inspirierten und zum an-
deren Menschen, Gruppen oder ganze Völker dazu veranlassten,
politische Veränderungen zu wagen oder Revolutionen wie in Ame-
rika und in Frankreich im 18. Jahrhundert auszurufen:
Auf der Basis
unterschiedlicher
Erklärungsmuster erwuchsen im
Laufe von Jahrhunderten Überzeugungen, dass jedem Menschen eine
Würde zukommt, die durch politische, kulturelle oder religiöse Ge-
meinschaften, Gesellschaften und Staaten anerkannt, gepflegt und
durchgesetzt werden müsse, jene Wurzeln für konkrete Ausformun-
gen des Rechts entstanden also, die gegenwärtig durch globale Insti-
tutionen wie den
united nations,
die derzeit mehr als 189 souveräne
Mitgliedsstaaten umfasst, und ihr angeschlossener Organisationen
und Staaten angestrebt, implementiert, entwickelt oder ausgebaut
werden.
1
Gerade aber seit der verbindlichen Festlegung auf bestimmte Rechte
in globaler Sphäre in den letzten fünf Jahrzehnten seit dem Ende des
Zweiten Weltkriegs nach 1945 trat die Entwicklung der Menschen-
rechte in eine neue, fruchtbare Phase, und es kamen weitere als un-
veräußerlich angesehene Rechte hinzu, die den eigentlichen, klassi-
schen Kernbereich der Menschenrechte erweiterten, aber Synonym
1
Honneth, Axel. Universalismus...? Bedingungen und Grenzen einer Politik
der Menschenrechte. In: Matthias Lutz-Bachmann/ James Bohman (Hrsg.).
Frieden durch Recht. Kants Friedensidee und das Problem einer neuen
Weltordnung. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1996, S. 273, Z. 18ff