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GOLF TIME
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1-2016
www.golftime.deVOR-
SCHAU
2016
E
ine gute Woche, um sich auszuru-
hen“, freut sich Adam Scott, wenn
er an das olympische Golfturnier
denkt. Der australische Masters-
Champion von 2013 macht keinen Hehl
aus seiner Abneigung gegen Rio 2016. Scott
spricht von einer verpassten Gelegenheit.
Wie viele andere hätte er es gerne gesehen,
wenn Olympia nicht einfach nur ein weiteres
72-Loch-Turnier im ohnehin schon übervol-
len Kalender gewesen wäre. „Ich glaube nicht,
dass irgendein weiteres Turnier der Golf-Ent-
wicklung förderlich ist, bloß, weil es sich um
die Olympischen Spiele handelt.“
Diese Kritik müssen sich die Organisa-
toren der Spiele gefallen lassen, die sich ent-
schieden haben, auf Nummer sicher zu gehen.
Auch Jordan Spieth hätte ein Teamformat
bevorzugt, doch anders als Scott stellt der
Weltranglistenerste Olympia trotzdem auf
eine Stufe mit den vier Major-Turnieren.
Noch beseelter vom olympischen Geist
gibt sich Martin Kaymer. Für den Rheinlän-
der ist die Teilnahme ein Lebenstraum, den er
in vollen Zügen genießen will.
„Ein Major-Turnier zu gewinnen, ist ein
unbeschreibliches Gefühl“, sagt Kaymer. „Mit
solch einem Sieg kann man sich an der Spit-
ze des Golfsports etablieren. Bei Olympia ist
es aber noch einmal ganz anders. Man spielt
nicht nur für sich selbst, sondern für sein
Land, das man vor der Welt vertritt. Wer bei
den Spielen gewinnt, siegt nicht nur für sich
selber, sondern für seine Nation.“
Keine Frage, der Deutsche besitzt die rich-
tige Einstellung. Es wird kaum einen Golfer
aus der Weltspitze geben, der diese erste Gold-
medaille seit 1904 mehr will als der zweifache
Majorsieger. Für den Golfsport in Deutsch-
land wäre ein erfolgreiches Abschneiden von
Kaymer (bzw. Marcel Siem, Sandra Gal oder
Caroline Masson) ein unglaublicher Glücks-
fall. In den Olympia-Wochen stellen die TV-
Zuschauer nämlich traditionell zum eige-
nen Erstaunen fest, dass man sich selbst für
Bogenschießen, Kanufahren oder Synchron-
schwimmen begeistern kann, solange nur ein
deutscher Athlet vorne mitmischt.
Teilnahmeberechtigt für die beiden Tur-
niere, die vom 11. bis 14. August (Herren)
bzw. vom 17. bis 20. August (Damen) statt-
finden werden, sind jeweils die Top 60 der
olympischen Rangliste. Die USA dürfen (als
einziges Land) pro Wettbewerb mit vier Spie-
lern antreten, aus den anderen Golfnationen
mischen nur ein bis zwei Olympia-Recken
beimKampf um eine Golfmedaille mit. Dieser
Qualifikationsmodus bringt es mit sich, dass
viele Weltklassespieler(innen) zu Hause blei-
ben müssen, während ein nicht unerheblicher
Anteil des Teilnehmerfeldes nur deshalb mit-
mischen darf, weil man eben der größte Hecht
in einem kleinen (zuweilen in exotischen
Gefilden gelegenen) Golfteich ist.
Doch die Organisatoren des Olympia-Tur-
niers plagen derzeit ganz andere Probleme. In
den Wasserhindernissen des Olympic Golf
Courses brüten Abermillionen Moskitos, die
Hauptüberträger des Zika-Virus, der zu erheb-
lichen Missbildungen bei Neugeborenen füh-
ren kann. Die WHO hat kürzlich für Brasilien
den „Öffentlichen Gesundheitsnotstand inter-
nationalen Ausmaßes“ ausgerufen. Einen
Impfstoff gibt es noch nicht. Auf dem Golf-
platz in Rio sollen nun Umwälzanlagen in die
stehenden Gewässer eingebaut werden. Am
Ende stellt sich Scotts Wochenplanung viel-
leicht doch nicht als so verkehrt heraus ...
GT
WIR SETZEN AUF …
MARTIN KAYMER
Anders als viele seiner Kollegen nimmt er den
olympischen Wettbewerb sehr ernst. Und die großen
Bühnen liegen Martin Kaymer nun einmal, immer-
hin hat er schon zwei Major-Titel und eine Players
Championship gewonnen, aber sonst kein einziges
Turnier auf der PGA Tour. Eine Goldmedaille wäre zudem
genau der Push, den der Golfsport in Deutschland gebrauchen
könnte. Denn während Olympia drehen die Fernsehzuschauer
doch sogar beim Tontaubenschießen durch ...
DABEI SEIN
112 Jahre nach
dem letzten olympischen Golf-
turnier wird in Rio wieder
um Edelmetall gespielt. Doch
nicht alle Golfstars freuen
sich auf dieses Ereignis, das
zudem ein nicht unerhebliches
Gesundheitsrisiko birgt ...
OLYMPIA 2016
GEHT UM
ES
GOLD