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ausgesessen. Doch mit jedem Monat des Aussitzens steigt, wie

es Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe beim Deutschen

Apothekertag in Düsseldorf verdeutlicht hat, das Risiko, dass der

von ihm erarbeitete Gesetzentwurf zum Rx-VV scheitert.

Wie geht es jetzt mit diesem für die Zukunft unseres Berufs-

standes so wichtigen Thema weiter? „Wenn eine Tür geschlossen

ist, weißt Du, dass eine andere geöffnet ist“, lautet ein wunderba-

res Zitat, das dem jamaikanischen Sänger Bob Marley zugeschrie-

ben wird. Jamaika, sprich ein Viererbündnis von CDU/CSU, FDP

und Grünen ist nach dem 24. September die derzeit einzige Op-

tion für eine stabile Bundesregierung. Aus Sicht der Apotheker-

schaft ist dies aber alles andere als ein unproblematisches Bünd-

nis: Denn während sich CDU und CSU – ebenso wie die LINKEN

– unmissverständlich für das Rx-VV ausgesprochen haben, haben

es Angela Merkel und Hermann Gröhe jetzt gleich mit zwei po-

tenziellen Koalitionspartnern zu tun, die dieses Vorhaben bisher

kategorisch abgelehnt haben.

Für uns heißt das: Auch in den kommenden Wochen müssen

wir weiter für unser Anliegen werben, mit den Politikerinnen und

Politikern im engen Gespräch bleiben, so wie das in den vergan-

genen Wochen und Monaten allein in Westfalen-Lippe bei weit

über 100 von der Apothekerkammer begleiteten Informations-

gesprächen geschehen ist. Und den möglichen neuen Koalitions-

partnern von CDU und CSU kann man nur dringend empfehlen,

den Weg in ein Jamaika mit Rx-VV unvoreingenommen zu be-

schreiten. Ich zitiere noch einmal Bob Marley: „Auf einer geteer-

ten Straße kann man den richtigen Weg nicht finden.“

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

was sind das nach wie vor für politisch und berufspolitisch be-

wegte Zeiten! Knapp ein Jahr nachdem das EuGH-Urteil zu den

Rx-Boni für ausländische Versandapotheken ein berufspolitisches

Erdbeben ausgelöst hat, folgte mit der Bundestagswahl am 24.

September eine tektonische Verschiebung unseres politischen

Systems: Jeder achte Bundesbürger gab mit der AfD einer Partei

weit rechts von CDU und CSU die Stimme. Und CDU, CSU und

SPD als Volksparteien büßten jeweils ein Fünftel ihrer Stimmen

ein und wurden mit zusammen gerade einmal noch 53 Prozent

der Wählerstimmen abgestraft.

Warum eigentlich abgestraft, mag man sich fragen? Uns

geht es doch in Deutschland gut wie lange nicht mehr. Stabiles

Wirtschaftswachstum, nahezu Vollbeschäftigung, keine krisen-

haften Entwicklungen wie in anderen Ländern Europas. Vielleicht

aber zeigt der Blick auf das Thema, das uns in den vergangenen

Monaten bewegt hat wie kaum ein anderes, exemplarisch auf,

was in der großen Koalition zuletzt nicht funktioniert hat:

Durch das EuGH-Urteil zur Zulässigkeit von Rx-Boni für aus-

ländische Versandapotheken ist – da berichte ich nun wahrlich

nichts Neues – eine Schieflage zu Lasten unserer deutschen Prä-

senzapotheken entstanden. Verursacht haben diese Schieflage

zuallererst die ausländischen Versender, in dem sie den Konsens

der Gleichpreisigkeit, den es bei Einführung des Versandhandels

in Deutschland gab, durch ihre Boni-Gewährung auf verschrei-

bungspflichtige Arzneimittel aufgekündigt hatten. Wenn so

etwas geschieht, muss Politik handeln und darf nicht warten.

Es entbehrt an der Stelle nicht einer gewissen Pikanterie, dass

ausgerechnet der sozialdemokratische Koalitionspartner, der

der Bundeskanzlerin im Wahlkampf eine Grundhaltung des Aus-

sitzens vorgeworfen hat, genau dies beim Rx-Versandhandels-

verbot (Rx-VV) praktiziert hat. Das Problem wurde von der SPD

Bob Marley und das

Versandhandelsverbot

Editorial

Gabriele Regina Overwiening

Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

E-Mail:

praesidium@akwl.de

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04-2017 / 

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