Technischer artikel
September 2015
78
www.read-eurowire.comStandardisierung von
PV-Leitungen und -Kabeln
2001-2014
von Faruk Yeginsoy, Leoni Struder AG
Übersicht
Diese
Publikation
zeigt
die
Entwicklungsgeschichte
vom
ersten
deutschen TÜV Rheinland Dokument
2Pfg1169/2001
zum
2Pfg1990/2012
und den Einfluss dieses Dokuments auf
die nationalen Standards in den USA,
Japan und Europa sowie die Entwicklung
der Cenelec-Standards EN50618 und
IEC62930.
Außerdem
wird
ein
Einblick
in
den
erforderlichen
Aufbau
sowie
die
Werkstoffkombinationen
und
Produktionsprozessen
geboten,
um
die oben genannten Standards erfüllen
zu können. Die Herausforderung lag
insbesondere darin, gleichzeitig mehreren
Standards zu entsprechen, wie z. B. der
Kombination von UL und TÜV. Einen
weiteren Aspekt wird das Verständnis
für spezielle Prüfverfahren wichtiger
Compound-Eigenschaften vermitteln, die
Einfluss auf die zu erwartende sehr lange
Betriebszeit der Photovoltaik-Leitungen
haben.
1 Einleitung
Durch das weltweite Interesse an
erneuerbaren Energien musste sich
die
Photovoltaikindustrie
seit
Ende
des letzten Jahrhunderts maßgeblich
entwickeln und diese Entwicklung war
weltweit unaufhaltsam. Zu dieser Zeit
war der Bau von Photovoltaikanlagen
eine teure und langfristige Investition;
die Investoren wussten nicht wie sie
die Qualität der Module einschätzen
konnten und die Kunden fragten
nach der erwarteten Lebensdauer der
Photovoltaik-Module und -Installationen.
Es bestand ein großer Bedarf an
Bewertungen bezogen auf Sicherheit und
Qualität durch Dritte.
Zu dieser Zeit begann der TÜV Rheinland
die
Sicherheit
und
Qualität
der
Solarmodule nach eigenen Anforderungen
zu überprüfen. Sehr schnell wurde
deutlich, dass die Modulqualität und
-sicherheit
von
den
Komponenten
abhingen, jedoch bestand eine fehlende
Standardisierung für Komponenten, die
die Anforderungen der PV-Anwendung
berücksichtigte. Das war der Beginn der
Standardisierung der PV-Leitungen.
2 Der Beginn
Im Jahre 2001 begann der TÜV Rheinland
in Deutschland die PV-Module zu
überprüfen und stellte viele durch Kabel
verursachte Probleme fest. Da keine
spezielle Standardtests für diese Kabel
vorlagen, erstellte der TÜV Rheinland
seinen eigenen Standard. Das war der
Ursprung von 2Pfg1169:2004. Dieser erste
Standard basierte auf der IEC60245-4:1994
(Gummi-isolierte
Leitungen
mit
Nennspannungen bis 450/750V - Teil 4:
Flexible Leitungen). Zu dieser Zeit war
H07RN-F die meistbenutzte Leitung
(Gummi 60ºC–90ºC). In dieser frühen
Phase der PV-Installationen realisierte
niemand, dass die Anforderungen an
PV-Kabel viel höher waren.
2.1 Erste Verdrahtungsfehler nach ein
paar Jahren
3 Neue Anforderungen
Nach zahlreichen Verdrahtungsfehlern
erkannten die PV-Experten, dass die
Anforderungen des ersten Pfg 1169 /2004
zu niedrig lagen. 2006 begann eine neue
Expertengruppe
(Arbeitsgruppe
des
Deutschen Nationalkomitees 411.2.3) an
einer neuen Fassung der „Anforderungen
für PV-Leitungen“ zu arbeiten. Am ersten
Teil nahm eine Gruppe von Modul- und
Kabelexperten teil. Der Schwerpunkt
lag nun auf der Gebrauchsdauer der
PV-Leitungen.
Die Arbeitsgruppe beschäftigte sich
hauptsächlich mit nachfolgenden Fragen:
• Wie können wir die Lebensdauer eines
Kabels prognostizieren?
• Wie viele Jahre soll die Lebensdauer
eines Kabels betragen?
• Wie ist die Alterung der Kabel zu
verstehen?
• Wie können wir den Alterungsprozess
testen?
3.1 Materialalterung ist der neue
Schwerpunkt
3.1.1 Thermooxidation von Polyolefine
Eines der grundlegenden chemischen
Gesetze ist das Arrhenius-Gesetz. Dieses
Gesetz beschreibt die Korrelation zwischen
Temperatur und Prozessgeschwindigkeit.
Die thermische Alterung des Polymers ist
nichts anderes als ein chemischer Prozess
und alle chemischen Prozesse hängen von
der Prozesstemperatur ab.
Bei einer Temperaturerhöhung von 10°C
wird der Prozess um den Faktor zwei
beschleunigt. Das wirkt auch umgekehrt.
Bei einer Temperaturabnahme verlangsamt
sich der Alterungsprozess um den Faktor
0,5. Der spezifische Temperaturnennwert
eines Kabels sollte in Kombination mit
einem bestimmten Zeitraum festgelegt
werden.
▼
▼
Abb. 1
:
Durch Ozon und hohen Temperaturen
verursachte Verdrahtungsfehler