Der weite Weg nach Moskau ist in
drei Stunden mit dem Flugzeug zu
bewältigen. Die russische Haupt-
stadt zeigt sich faszinierend schön
in strahlender Herbstsonne: Staatli-
che Investitionen und das Geld der
Reichen haben aus der Stadt des
Grau und Olive eine farbige, rund
um die Uhr brummende Metro-
pole gemacht. Für Westeuropäer
wirkt die kunstvoll illuminierte In-
nenstadt wie ein weihnachtliches
Zuckerbäckerland: Der prächtige
Rote Platz beeindruckt mit dem
Kaufhaus GUM, der bunten Basili-
us-Kathedrale und der mächtigen
Kremlmauer. Hier gibt es alles für
die, die Geld haben.
Abseits der Touristenpfade
Wir sind nicht im Touristenbus un-
terwegs, sondern mit öffentlichen
Verkehrsmitteln; wir speisen nicht
im Hotel, sondern gehen wie die
meisten Moskauer ins Café, um am
Tresen mit ein paar russischen Vo-
kabeln und dem ersten russischen
Geld eine Mahlzeit zu erstehen. Ge-
stärkt geht es auf eine Reise mit
der Moskauer Metro, um kunstvoll
gestaltete Bahnhöfe zu besichtigen:
ein Traum in Stuckverzierungen,
mit Mosaiken, Kronleuchtern und
Bildern. Die Metro ist legendär; die
Moskowiter sind daran gewöhnt
und eilen unbeeindruckt vorbei. Mi-
litärpräsenz spürt man erst tags da-
rauf im Kreml. Das große parkartige
Gelände auf dem höchsten Punkt
Moskaus mit dem Staatspalast des
Präsidenten, der Volksvertretung
(Duma) und drei bedeutenden Ka-
thedralen, die zugleich Grabstätte
für zahlreiche verstorbene Zaren
sind, wird gut bewacht.
Vom Moskauer Paveletsky-Bahn-
hof geht der Zug Nr. 15 nach Wol-
gograd. Eine strenge Schaffnerin
in Uniform besteht darauf, jeden
deutschen Reisepass akribisch
mit den Namen auf ihrer Liste zu
vergleichen. Dann rattert der Zug
durch die Moskauer Vorstädte mit
ihren schwach beleuchteten Wohn-
silos, und irgendwann sind da nur
noch Dunkelheit und die endlose
Steppe. Tausend Kilometer bis Wol-
gograd liegen vor uns, 21 Stunden
Fahrt. Die strenge Schaffnerin hat
ihren Uniformmantel abgelegt und
trägt nun bequeme Pantoffeln. Die
ganze Nacht über wird sie den Rei-
senden Chai und Kofje anbieten.
Die Samowar-Romantik ist längst
vorbei; hier gibt es schlicht heißes
Wasser, Teebeutel und Nescafé,
aber stilvoll im Glas.
Am Fenster stehend, einen Chai
in der Hand, sieht man die Steppe
stündlich neu. An den wenigen
Russland einmal anders
Unterwegs in Moskau und Wolgograd
CellitinnenForum 1/2017
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