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Bahnhöfen steigen Russen mit

vielen Paketen aus und ein, und

Händlerinnen kommen, die auf den

Gängen Waren anbieten: frische

Piroggen, Obst, warme Wollsocken

und Schals. Die Dörfer und Städte

im ländlichen Russland unterschei-

den sich deutlich von Moskau;

bunte Holzhäuser, wenige Stein-

häuser, viele Gärten, Werkstätten

und Sandwege. Hin und wieder

ein glitzernder See, ein Auto. Die

alten Lada und Moskwitsch sind

hier unterwegs, kaum ein teures

Westauto.

Ankunft bei ‚Mutter Heimat‘

Erste größere Häuseransammlun-

gen kündigen Wolgograd an, das

von 1925 bis 1961 Stalingrad hieß.

Über eine Million Einwohner, so

groß wie Köln, zieht sich die Stadt

fast 90 Kilometer an der Wolga ent-

lang, höchstens vier Kilometer in

die Breite. Jetzt stehen die russi-

schen Mitreisenden erwartungsvoll

am Fenster, um SIE zu sehen, die

weithin sichtbare Statue der ‚Mutter

Heimat‘ auf dem Mamajew-Hügel,

die mit ausgestreckter Hand jeden

Rückkehrer begrüßt. Ich fühle mich

in diesemMoment sehr verbunden

mit Menschen, die mit Tränen in den

Augen ein Bauwerk sehen und sich

zuhause fühlen, so wie es mir geht,

wenn der Zug über die Hohenzol-

lernbrücke fährt und den Blick auf

den Kölner Dom freigibt. Wir sind

da! Das Hotel ‚Wolgograd‘ wird eine

Woche lang unser Zuhause sein.

Nicht wenige Reisende müssen

sich daran gewöhnen, dass es in

einem russischen Aufzug keine

Taste für das Erdgeschoss gibt;

eine Null-Etage existiert nicht. Auch

das kräftige warme Frühstück am

nächsten Morgen mit Buchweizen-

brei, Pilzen, warmem Fisch, Würst-

chen und Gemüse ist für zartbesai-

tete Mägen gewöhnungsbedürftig.

Dafür stärkt es einen Vormittag lang

gegen die kalten Temperaturen

draußen.

Gedenken an Stalingrad

Der erste Weg führt direkt in die

Vergangenheit der Stadt. 300 Meter

vom Hotel entfernt geht es in ein

ausgedehntes Kellergeschoss, in

dem Generalfeldmarschall Pau-

lus seine Einsatzzentrale installiert

hatte. Die Ausstellung zeigt den

Alltag der deutschen Wehrmacht,

bekannt durch die Eindrücke der

‚Stalingrader Weihnacht‘ 1942, mit

Päckchen aus der Heimat im Be-

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CellitinnenForum 1/2017

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