

Multiresistenten Bakterien den Kampf angesagt
Stiftung unterstützt Forschung von Dr. Ralph Holl
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Ralph Holl forscht zu einem der
drängendsten medizinischen
Probleme unserer Zeit: Er versucht
– salopp gesagt – gefährlichen mul-
tiresistenten Bakterien ein
„Schnippchen zu schlagen“. Der
promovierte Apotheker arbeitet
am Institut für Pharmazeutische
Chemie der Westfälischen Wil-
helms-Universität Münster daran,
neue Wege zu entwickeln, um
multiresistente Keime effektiv zu
bekämpfen. Um Holl bei dieser
wichtigen Arbeit zumindest ein
wenig zu unterstützen, hat die
Apothekerstiftung Westfalen-Lippe
die Forschung des heute 38-Jähri-
gen gefördert: von Januar bis März
2015 mit insgesamt 13.000 Euro.
„Mit der Unterstützung durch die Stiftung
konnte ich die Doktorandin Magdalena
Mojrzisch drei Monate lang finanzieren
und zusätzlich vier ambitionierten stu-
dentischen Hilfskräften je einen Monat
lang die Möglichkeit geben, neben dem
Studium auch in der Wissenschaft mit-
zuarbeiten und sie damit für das Feld der
Antibiotika-Forschung sensibilisieren“, er-
klärt Holl. Für ihn sind die Doktoranden
besonders wichtig. „Alleine lässt sich so
eine aufwendige Forschung nicht betrei-
ben, deshalb arbeiten wir im Team. Ak-
tuell arbeiten vier Doktoranden und zwei
Masteranden an dem Projekt“, so Holl.
Vor der praktischen Arbeit im Labor
stehen komplexe Überlegungen und
Berechnungen. Bevor neue Wirkstoffe
„gekocht“ werden, gilt es, theoretische
Ansätze neu zu entwickeln, um bereits
vorhandene Grundlagenforschung wei-
terzuführen. „Konkret geht es immer da-
rum, Bakterien zu schädigen oder abzu-
töten, ohne dabei den Wirtsorganismus,
also den Menschen, zu beeinträchtigen.“
Dr. Ralph Holl hat sich die Bekämpfung
multiresistenter, gramnegativer Bakteri-
en zur Aufgabe gemacht. „Man muss den
Hebel an Strukturen ansetzen, die für die
Mikroorganismen überlebensnotwendig
sind.“ In diesem Fall ist dies das Enzym
LpxC, das für den Aufbau eines wichtigen
Bestandteils der bakteriellen Zellwand un-
entbehrlich ist. Entsprechende Inhibitoren
setzen hier an und schädigen die Bakteri-
en derart, dass sie absterben. „Dieser Weg
ist spannend, da unsere Zielstruktur in
praktisch jedem gramnegativen Bakteri-
um vorkommt, dafür aber nicht im Men-
schen“, betont Holl.
In Agardiffusionstests werden die
im Labor hergestellten Antibiotika ge-
gen multiresistente Bakterien getestet.
„Bislang sind die Ergebnisse vielverspre-
chend“, so Holl, aber man sei in diesem
Bereich noch lange nicht am Ziel.
Dass sein Forschungsprofil zu den
aktuellen Anforderungen passt, zeigt üb-
rigens sein nächster Karriereschritt: Ob-
wohl er seine Habilitationsschrift gerade
erst eingereicht hat, hat er bereits einen
Ruf an die Universität Hamburg erhalten,
wo er ab Oktober als Professor für Me-
dizinische Chemie forschen und lehren
wird. <
Dr. Ralph Holl und Magdalena Mojrzisch
schauen sich im Labor eine DC-Platte
(Dünnschichtchromatographie-Platte) an.
ZUR PERSON:
Dr. Ralph Holl ist 38 Jahre alt und stammt
aus dem Landkreis Göppingen bei Stuttgart.
Nach seinem Pharmaziestudium in Frei-
burg wurde der Pharmazeut 2008 in Müns-
ter promoviert. Es folgte ein Postdoc-Jahr in
Erlangen – ein Beitrag zur Forschung von
Brain Kobilka (Nobelpreis für Chemie 2012)
und eine gemeinsame Veröffentlichung in
„Nature“ inklusive. Seit 2009 forscht Holl
wieder in Münster. Die Pharmazie-Studen-
ten an der WWU durchlaufen bei ihm das
Praktikum zur Arzneibuch-Analytik.
APOTHEKERSTIFTUNG
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/ AKWL
Mitteilungs
blatt
03-2016