Laut gähnen, das Gesicht verzie-
hen und gleichzeitig die Stimme in
schwindelerregende Höhen und
Tiefen treiben – wie echte Schau-
spieler trainieren die Bewohner
des Seniorenhauses St. Angela
im einwöchigen Theaterworkshop.
Schauspielerin Anne Diemer, be-
kannt aus Bühnen- und Fernseh-
produktionen, leitet die Gruppe an.
Auch für sie ist das Engagement
eine Herausforderung. Es ist ihre
erste Arbeit mit Senioren. Schnell
fällt jedoch auf, dass ihre Darsteller
neben vielen Ideen auch große Ta-
lente mitbringen. Die Senioren be-
sinnen sich auf eine ihrer ‚Kernkom-
petenzen‘. Gedichte aufsagen und
Volkslieder singen – das wollen sie
vortragen, denn wer kann das heute
noch? Aber sie, sie können, und
zwar auswendig. Ob nun Friedrich
Schillers Figur Damon „Zu Dionys
dem Tyrannen schlich…“, oder „In
einem kühlen Grunde ein Mühlrad
geht“ – sicher tragen die Teilnehmer
der Theatergruppe vormittags Ge-
dichte und nachmittags Volkslieder
vor. Dabei müssen sie nur selten
auf die Textblätter schauen. Diemer
unterstützt, formt die Stimmen und
gibt Tipps für einen pointierten Vor-
trag. Am Sommerfest ist es dann
soweit: Nervenflimmern vor dem
großen Auftritt. Letzte Technikpro-
be, dann geht es los. Im Publikum
sitzen Angehörige, Mitarbeiter, Eh-
renamtliche und auch einige Be-
wohner aus Hersel sind gekommen.
Der Schritt auf die Bühne, der Griff
zum Mikrofon – und die Darsteller
sind in ihrem Element. Während der
Jäger aus Kurpfalz in den Köpfen
der Zuschauer noch durch den grü-
nen Wald reitet und sich der Tyrann
schließlich doch erbarmt, flammt
Applaus auf. Strahlende Gesichter
vor, auf und hinter der Bühne sind
der Lohn für eine Woche intensive
und spannende Arbeit.
Mitarbeiterin Janna Brunken, die
das Theaterprojekt betreut hat, ist
begeistert, wie sehr sich auch eher
zurückhaltende Bewohner in dem
Theaterprojekt engagiert haben. Die
‚echte‘ Schauspielerin Diemer fährt
mit vielen positiven Erfahrungen zu-
rück zum Theater nach Celle: „Die
Senioren haben auch mir eine Men-
ge beigebracht. Wir hatten eine tolle
Zeit.“ Und für Seniorenhausleiter
Daniel Hinkel ging die Kalkulation,
Bewohner und Mieter vor eine He-
rausforderung zu stellen und sie zu
animieren, ein wenig über sich hin-
auszuwachsen, voll auf. „Ich kann
mir gut vorstellen, das Projekt im
kommenden Jahr weiterzuführen.
Vielleicht machen ja dann auch An-
gehörige mit“, wünscht er sich.
Licht an, Vorhang auf
Großer Einsatz für das Theaterprojekt im Seniorenhaus St. Angela
Kultur | Freizeit
54
CellitinnenForum 3/2019