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Margareta Magnusson weiß, wie

es geht: Das eigene Leben und die

letzten Dinge so ordnen, dass die,

die sie nach meinem Tod überneh-

men, nicht davon erdrückt werden.

Und noch viel wichtiger: Dass auch

ich nicht davon erdrückt werde,

so lange ich eben noch mein irdi-

sches Leben genieße. Die Kunst,

das Wesentliche zu erkennen und

sich von überflüssigen Dingen zu

befreien sei, so Magnusson, eine,

mit der Mann und Frau, Jung

und Alt nicht früh genug begin-

nen können. Also: Auf geht’s ans

‚döstädning‘. Das ist Schwedisch:

‚Dö‘ heißt Tod und ‚städning‘ auf-

räumen oder reinemachen. Und

‚döstädning‘ bedeutet demnach,

die Dinge in Ordnung zu bringen,

bevor man diese Welt verlässt.

Was zunächst makaber klingt, ent-

spricht voll dem Trend der Zeit:

Aufräumen, Dinge ordnen, ausmis-

ten, ausrangieren, minimalistisch

leben – alle diese Schlagworte tref-

fen den derzeitigen Zeitgeist. Was

wir nicht haben, belastet uns auch

nicht. Behalten wir nur die Dinge,

die uns wirklich Freude schen-

ken, haben wir materiell weniger

und dafür mehr Zeit, eben diese

Dinge zu genießen. So ist Mag-

nussons Ansatz auch ein wenig

Komsumkritik, eine kleine Rüge

gegen gedankenloses Kaufen und

die freundliche Ermahnung, mehr

Verantwortung zu übernehmen.

Für sich selbst, aber vor allem für

die Mitmenschen und die folgende

Generation. Denn warum sollten

unsere Nachkommen wertvolle

Zeit damit verschwenden, Dinge

auszusortieren, die nutzlos für sie

sind? Also kann jeder anfangen –

und zwar nicht nur, wenn sich die

Lebenszeit bereits dem Ende zu-

neigt – zu klären, was ihm am Her-

zen liegt, was wirklich notwendig

für das kleine Glück, die alltägliche

Zufriedenheit ist.

Magnusson agiert dabei nicht

mit erhobenem Zeigefinger. Die

schwedische Künstlerin, die laut

eigener Aussage „zwischen acht-

zig und hundert Jahre alt“ ist, er-

zählt freundlich, augenzwinkernd,

wohlwollend aus ihrem eigenen

Leben und reißt damit jede Mauer

ein, die man Dank zahlreicher ‚25

Schritte-Programme‘, ‚Ausrufezei-

chen-Orgien‘ und Marathon-Auf-

räumaktionen bei diesem Thema

hochgezogen hat. Denn schließ-

lich geht es ans Eingemachte: an

Statussymbole, an ‚Wert’gegen-

stände, und ja, auch an Lebens-

grundsätze. Einer älteren Dame,

die ihr Leben gelebt hat, die aus

eigenen Erfahrungen schöpft, hört

man ein bisschen entspannter zu

als fernöstlichen Aufräumcoaches

oder amerikanischen Haushalts-

feen. Magnussons leichte Art regt

zum Schmunzeln an – und lässt

das Nachdenken gleich viel leich-

ter erscheinen. Denn das Ordnen

der ‚letzten Dinge‘ ist erfreulicher-

weise eher ein Sich Besinnen auf

das gelebte Leben (und dies voller

Dankbarkeit!) als ein Nachdenken

über den Tod. Und wer die eine

oder andere Sache von Wert ver-

schenkt, der kann gleich eine Ge-

schichte dazu verschenken, eine

Erinnerung, die weitererzählt wer-

den kann.

Buchtipp

„Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen“

Preis: € 18,00

Umfang: 160 Seiten

Format: 12,2 x 19,5 x 1,73 cm

ISBN: 978-3-10-397323-5

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CellitinnenForum 3/2019