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GOLF TIME
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2-2016
www.golftime.deRUBRIK |
ARTIKEL
W
ir haben uns wirklich vor-
genommen,
mit
unserem
selbstgebauten
Zeitmaschi-
nen-Prototyp „GOLF TIME
MACHINE“ vorsichtiger umzugehen. In
der Vergangenheit bzw. der daraus resultie-
renden Zukunft sind zu viele unerwünschte
Nebeneffekte unserer Ausflüge aufgetreten.
Ihnen wird diese Gegenwart natürlich ganz
normal vorkommen, doch aufgrund eines
„bedauerlichen Versehens“ im schottischen
Mittelalter muss ein Golfplatz nun 18 statt
zehn Löcher aufweisen. Auch für das kom-
plett unsinnige englische Maßsystem ent-
schuldige ich mich bei Ihnen, aber das ist
eine andere Geschichte.
Wie wir im letzten Monat jedoch auf die
völlig bescheuerte Idee kamen, ausgerechnet
mit John Daly in die Vergangenheit zu rei-
sen, kann ich beim besten Willen nicht mehr
rekonstruieren. Ich erinnere mich nur noch
an diese Bar, den dicken, wasserstoffblonden
Kerl und einen Kostümverleih!
Als ich wieder halbwegs klar im Kopf bin,
stehe ich neben Daly vor dem Clubhaus des
St. Andrews Old Course. Er trägt einen al-
tertümlichen Zweireiher mit Krawatte, auf
dem Kopf eine Melone. Zudem hat er sich
einen gewaltigen Schnauzer ins Gesicht
geklebt. Der Aufzug wirkt unglaublich
lächerlich, doch bevor ich Gelegenheit habe,
eine spöttische Bemerkung abzusondern,
entdecke ich, dass ich in etwa die gleiche
Garderobe zur Schau stelle.
Daly spricht gerademit einemjungenMann,
den er mir als Robert Tyre Jones Jr. vorstellt.
„Bobby! Nennen Sie mich Bobby“, meint
Jones und schüttelt meine Hand.
Ich nehme Daly kurz zur Seite und frage
ihn: „John, was geht hier vor?“
„Weißt du echt nichts mehr?“, wundert
sich mein Saufkumpan von einem erst fern-
zukünftigen Gestern. Ich erfahre, dass ich
Daly in der Bar wohl vom Alkohol bene-
belt von der Zeitmaschine vorgeschwärmt
haben muss. Bobby Jones ist das große Idol
des Open Champion von 1995. Mit einigen
Freigetränken brachte er mich dazu, dem
legendären Golfer der Zwanzigerjahre einen
Besuch abzustatten. Daly wollte Jones unbe-
dingt dazu überreden, noch einmal den Old
Course zu besuchen, dem dieser nach seinem
einzigen Besuch in St. Andrews 1921 auf
Nimmerwiedersehen den Rücken gekehrt
hatte. Offenbar hat Daly Erfolg gehabt.
„Welches Jahr haben wir“, will ich wissen,
als Daly eine schmale Ledertasche voller
historisch wirkender Golfschläger schultert.
„1927, der 6. Juli – nächste Woche findet
hier die Open statt und Bobby sollte unbe-
dingt dabei sein!“
Achselzuckend trabe ich hinter den bei-
den her. Eine Golfrunde mit Bobby Jones
und John Daly auf dem Old Course im Jahr
1927, was soll da schon schiefgehen?
Gerade als Bobby mit seinem Driver aus
Persimmonholz zuschlagen will, rast eine
imposante Limousine über den Asphaltweg,
der quer durch das Fairway der ersten Spiel-
bahn verläuft. Mit quietschenden Reifen
kommt das offene Gefährt zum Stehen. Ein
elegant gekleideter Herr springt heraus, der
mit wedelndenArmen direkt auf uns zu läuft,
während ein indisch aussehender Mann eine
Golftasche hinter ihm her schleppt.
„Der verdammte Walter Hagen!“, zischt
Bobby Jones, „woher weiß der Kerl, dass ich
hier bin?“
Daly zwinkert mir breit grinsend zu und
mein schnapsgemartertes Hirn zählt eins
und eins zusammen. „Bobby“, quäkt Hagen,
es klingt wie „Baaabbüüü“. Jones’ Miene
verdüstert sich zusehends.
„Hast du dich verlaufen?“, ruft der Neuan-
kömmling quer über den Platz. „Ich dachte,
du und diese Wiese sind fertig miteinander?“
In den folgenden fünf Minuten muss Daly
mit Engelszungen auf Bobby Jones einreden,
um diesen zum Bleiben zu überreden. Offen-
bar hat sich John zuvor als Gönner von Bobby
Jones’ Studentenverbindung ausgegeben und
eine hohe Geldspende in Aussicht gestellt,
wenn sie gemeinsam den Old Course spielen
würden. Gleichzeitig hat er heimlich Walter
Hagen informiert, demMatch beizuwohnen.
„Ich wette, du traust dich nicht, hier
gegen mich anzutreten. Es gibt eben Plätze
und Gegner, denen geht selbst ein Bobby
Jones lieber aus dem Weg“, heizt Hagen die
Stimmung an.
„Sie überschätzen sich, mein Herr“, erklärt
Daly und mimt den Gentleman von Welt.
„Ich wette 5.000 Dollar, dass Robert Sie in
die Schranken weisen wird. Und weitere
5.000, dass ich Sie ebenfalls schlage.“
„So viel Geld! Wie aufregend!“ Hagen gibt
ein gespieltes Quieken von sich.
Im folgenden Moment der Stille blicken
alle gespannt auf Jones. Widerwillig stimmt
der schließlich zu.
FANTASY MATCHPLAY
SCIENCE FICTION
Mit John Daly, Bobby Jones
und Walter Hagen in St. Andrews – was für eine
explosive Mischung!
Von Götz Schmiedehausen
JOHN DALY
JAHRGANG:
1966
SIEGE IN ST. ANDREWS:
Open Championship 1995
BESONDERHEITEN:
War bzw. ist süchtig
nach Alkohol, Zigaretten, Cola-Light,
Schokolade, Sex, Glücksspiel. Hersteller
des Alko-Pop-Drinks „John Daly Cocktail“
in drei (bizarren) Geschmacksvarianten,
semiprofessioneller Country-Musiker