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Nicht in Problemstrudel abtauchen

Dauerüberforderung ist ein schleichender Prozess. Der

Körper beginnt mit ersten Reaktionen wie Verspannungen,

Verdauungsproblemen, Schlafstörungen. Werden diese

Symptome ignoriert, verstärken sie sich. Die Betroffenen

verlieren zunehmend die Freude am Leben; sie beginnen,

sich sozial zurückzuziehen und kommen gedanklich aus den

Sorgenkreisläufen überhaupt nicht mehr heraus. Jetzt ist es

höchste Zeit, sich Hilfe zu holen!

Aschenputtel oder bis dass der Tod…

Zu 80 Prozent sind die Pflegenden Frauen. Als Töchter

wünschen sie sich manchmal drängend eine späte An­

erkennung durch die Mutter. Sobald der „Prinz-Sohn“

auftaucht, wird die „Aschenputtel-Tochter“ unwichtig, ein

Kreislauf von Enttäuschung und Sehnsucht kann in Depres­

sionen oder mehr oder weniger verdeckter Gewalt enden.

Als Ehefrauen sind sie selbst in einem hohen Alter und

werden zunehmend schwächer. Sie fühlen sich dem Verspre­

chen, bis zum Schluss für ihren Partner da sein zu wollen,

verpflichtet und können sich oft die eigenen Grenzen kaum

eingestehen.

Auswege

Pflegende müssen nicht alles allein schaffen. Es gibt eine

Reihe von Unterstützungsmöglichkeiten. Viel zu selten

werden die Kurzzeitpflege von insgesamt sechs Wochen pro

Jahr, die Verhinderungspflege oder Tagespflege-Angebote

in Anspruch genommen. Oft gibt es auch in der Familie,

Nachbarschaft oder im weiteren Umfeld Menschen, die gern

zwischendurch helfen oder einspringen – man muss sie nur

ansprechen.

Wenn wir mal alt sind

Die Generation, die heute pflegt, sagt sich sicherlich immer

wieder: Ich will das einmal anders machen. Ein wichtiger

Schritt der verantwortungsvollen Vorsorge ist eine indivi­

duelle Patientenverfügung. Mit einer Vorsorgevollmacht

tut man seiner eigenen Familie einen großen Gefallen und

entlastet sie bei wichtigen Entscheidungen.

Pflege ist

ein Kraftakt

Die Internetseite

www.pflegen-und-leben.de

ist ein Hilfe-Portal für Angehörige, Freunde und

Nachbarn, die pflegebedürftige Menschen daheim versorgen. Das Angebot bietet neben vie-

len Tipps und Hilfestellungen eine kostenlose, psychologische Online-Beratung.

Im Schnitt wenden sich monatlich

100 bis 150 Pflegende an die digitale

Beratungsstelle, in der fünf geschulte

Psychologinnen und Psychotherapeu­

tinnen tätig sind. Jede Anfrage wird

individuell beantwortet. Meist sind

bis zu acht ausführliche Kontakte not­

wendig, bis Lösungswege miteinander

entwickelt wurden. Bei weiterem

Klärungsbedarf werden die Betrof­

fenen an eine Beratungsstelle vor

Ort verwiesen.

Vitamin K

hat Imke

Wolf, Psychologin, Psychotherapeutin

und Leiterin der Online-Beratung

pflegen-und-leben.de,

gebeten, einige

wichtige Themen aus der Beratungs­

praxis zu nennen:

Anonyme Online-Begleitung

Die Online-Beratung von pflegen-

und-leben.de

kann völlig anonym

genutzt werden, weil das Thema,

in der Pflege an die Grenzen zu

kommen, höchstpersönlich und mit

großer Scham, Versagensgefühlen

und Gewissensnöten besetzt ist. Die

Ratsuchenden richten sich selbst ein

digitales Postfach ein und können

sich einloggen, wann sie wollen. Die

Anliegen schriftlich zu formulieren,

hat sich als der effektivste Kommuni­

kationsweg erwiesen. Die Schriftform

bietet die Möglichkeit, sich mehr zu

fokussieren und über das nachzuden­

ken, was auf der Seele brennt. Zusätz­

lich wird aber auch ein Video-Chat

angeboten.

Erlaubnisraum öffnen

In der Online-Beratung von pflegen-

und-leben.de

darf alles gedacht bzw.

geschrieben werden. Gewissensnöte,

Entscheidungsängste oder Schuld-

und Schwächegefühle dürfen aus­

gesprochen werden. Mit den Bera­

terinnen geht es dann darum, nach

Auswegen und Lösungen zu suchen.

Bei seelischen Belastungen hilft die anonyme Online-Beratung

Wichtige Antworten

rund um die Pflege

Was können Angehörige übernehmen,

wann sollte ein Pflegedienst kommen?

Es hängt davon ab, was sich die Angehörigen zu-

trauen. Medikamentengabe ist oft nicht jedermanns

Sache. Natürlich können Angehörige pflegerische

Tätigkeiten erlernen. Beim Pflegedienst bestimmt

der Pflegegrad den Umfang der Betreuung. Wird

zusätzlich mehr Betreuung gewünscht, muss das aus

eigener Tasche gezahlt werden.

Wo beantrage ich Pflegegeld?

Bei der jeweiligen Pflegekasse beantragt man den

Pflegegrad. Der Medizinische Dienst der Krankenkas-

sen (MDK) kommt dann zur Prüfung vorbei. Die Pfle-

gekasse, ebenso wie die Pflegestützpunkte, bieten

auch kostenlose Pflegeberatungen an.

Was kann ich beantragen, was steht mir zu?

Hilfsmittel wie Pflegebett, Rollator, Rollstuhl etc.

kann man beantragen. Es gibt auch Unterstützung

zur Wohnraumanpassung, z.B. für ein behindertenge-

rechtes Bad. Hygieneartikel, Inkontinenzmaterialien,

Handschuhe können ebenfalls bezuschusst werden.

Pflegekurse für die Angehörigen sind kostenlos.

Was mache ich, wenn ich in Urlaub fahre?

Mit Pflegegrad hat man Anspruch auf weitere Unter-

stützung. Im Urlaubsfall kann das die Verhinderungs-

pflege sein (längstens sechs Wochen je Kalenderjahr).

Kann ich Pflege und Beruf vereinbaren?

Pflegende Berufstätige können sich bis zu sechs

Monate freistellen lassen, sagt das Pflegezeitgesetz.

Es hängt es vom Arbeitgeber und der Tätigkeit ab, ob

das zu realisieren ist.

Gibt es auch stundenweise Entlastungs­

angebote? Was ist eine Tagespflege?

Die Tagespflege ist eine teilstationäre Einrichtung für

pflegebedürftige Menschen, damit ist eine stunden-

weise Entlastung der Angehörigen möglich.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Pflege?

Dann wenden Sie sich gerne an die

Pflegeberaterin

der Kölner Cellitinnen-Seniorenhäuser:

Arlette Wetzel, Tel 0221 940523-942

arlette.wetzel@cellitinnen.de

Imke Wolf

Foto: © contrastwerkstatt/fotolia.de

Foto: © Passstudio

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Vitamin

K

– Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 1.2018

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Titelthema

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