Was bewegt Menschen in jeder Hin-
sicht überall und jederzeit? Sicher
ist es die Sehnsucht nach einemmit
Sinn erfüllten Leben, nach Liebe,
Zuwendung, nach tragfähigen zwi-
schenmenschlichen Beziehungen.
Zugleich macht jeder die Erfahrung,
dass diese wesentlichen Lebens-
werte nicht planbar, nicht ‚zu ma-
chen‘ sind. Kann man angesichts
solcher Begrenzungen gelassen
bleiben oder werden? Aus christli-
cher Sicht gelingt dies im Vertrauen
darauf, dass Gott alle menschlichen
Lebenswege begleitet. Der Glaube
an Gottes Verheißung geht einher
mit der Gelassenheit im Fortgang
des Lebens: „Ich bleibe derselbe,
so alt ihr auch werdet, bis ihr grau
werdet, will ich euch tragen. Ich
habe es getan, und ich werde euch
weiterhin tragen, ich werde euch
schleppen und retten.“ (Jes 46,4)
Der hl. Augustinus (354–430) hat
in den ‚Confessiones‘ (‚Bekennt-
nisse‘) seinen Lebensweg bis zu
seiner Bekehrung zumChristentum
beschrieben. Rückhaltlos schildert
er sein Suchen nach der Wahrheit,
gesteht offen seine Irrwege und
Fehler ein und legt dann dar, wie
er Glück, Ruhe und Gelassenheit
in der völligen Hingabe an Gott ge-
winnen konnte. In dieser Erkenntnis
formuliert er zu Beginn des Buches
den berühmten Satz „Herr, du bist
groß… wir sollen dich loben aus
fröhlichem Herzen, denn du hast
uns auf dich hin geschaffen, und
unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe
findet in dir.“ (Bekenntnisse I, 1)
Augustinus berichtet über sein be-
wegtes Leben. Als junger Mann
nimmt er mit, was sich ihm anbietet.
Lange Jahre fällt es ihm schwer,
sich in der von vielen Einflüssen und
Strömungen gekennzeichneten
Welt der Spätantike zu orientieren
und festzulegen. Er ist stets auf der
Suche nach der Ruhe des Herzens,
er sucht sie imGenuss des Lebens,
er sucht sie in den religiösen und
philosophischen Strömungen sei-
ner Zeit, aber auch in seiner Karriere
als Rhetorikprofessor.
Mit seiner Bekehrung hat er die
Quelle der Gelassenheit gefunden:
Gott ist die Wahrheit, die Güte und
die Schönheit selbst, nach der sich
das Herz des Menschen sehnt. Nur
wer an Gott glaubt, auf ihn hofft und
ihn liebt, nur der wird ruhig und hat
seine endgültige Sicherheit gefun-
den. In dieser Gelassenheit findet
Augustinus seine Freiheit wieder,
die er durch die Bindung an die vor-
dergründigen Dinge verloren hatte.
Reichtum, Ansehen und Besitz sind
für ihn „all die Nichtigkeiten, die mir
so sehr am Herzen lagen, die ich so
Heute, nur heute werde ich …
Gelassenheit aus geistlicher Perspektive
Der hl. Augustinus
(Ausschnitt aus dem Flügelretabel von Michael Triegel)
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CellitinnenForum 3/2018