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2 / 2016

Artikel: Frank Breiting, Leiter des Bereichs Vertrieb Private Altersvorsorge der

Deutschen AM und Vorstandsvorsitzender der DB Vita

Die Altersvorsorge ist

Wahlkampfthema – hurra!?

Der Wahlkampf hat anders als prognostiziert schon vor der Sommer-

pause begonnen, und anders als erwartet wird die Altersvorsorge

überraschenderweise ein prominentes Thema. Eigentlich müsste

man sich darüber freuen, dass neben der Flüchtlingspolitik auch ein

so komplexes und wichtiges Thema wie die Rentenpolitik das Berli-

ner Tagesgeschäft erreicht hat. Allerdings ist die Wahlkampfzeit

nicht zwingend ein Zeitpunkt, der sich dafür eignet, sich komplizierte

Sachverhalte anzueignen, zu verstehen und in Ruhe zu diskutieren.

Und noch viel weniger ist es ein Zeitpunkt, an dem es üblicherweise

zu vernünftigen Kompromissen mit Augenmaß kommt. Viel eher ist

es die Zeit, in der sich die Akteure unterschiedlicher Parteien mit

markigen Sprüchen und oberflächlich sinnvoll erscheinenden Posi-

tionen vom politischen Wettbewerber abzugrenzen versuchen. Da-

bei werden munter Fakt und Fiktion gemixt und Lösungen für Proble-

me aufgezeigt, die entweder keine Lösungen sind oder mit dem ur-

sprünglichen Problem gar nichts zu tun haben. Dies treibt oft munter

Blüten, wie ein kleiner Faktencheck zeigt:

1. Riester ist „gescheitert“?

Ein Produkt, das mittlerweile 16 Millionen Abnehmer gefunden hat,

ist urplötzlich „gescheitert“. In dieser Pauschalität ist das Argument

eine reine Nebelkerze, die aber auf Wahlkampfplakaten gut aussieht,

da sie wenige Worte hat und sich kaum einer traut, zu widersprechen.

2. Riester ist zu teuer und gehört abgeschafft?

Sämtliche Produktangebote über einen Kamm zu scheren und von

allen Produkten aus fünf Bereichen der Finanzdienstleistung zu be-

haupten, sie seien zu teuer, mag populär sein und wird deswegen

gerne wiederholt und mittlerweile – leider – unwidersprochen hinge-

nommen. Allerdings ist das noch nicht einmal eine politische Forde-

rung – es ist vielmehr vor allem eine politische Bankrotterklärung.

Seit 2001 hätte die Politik bei Riesterprodukten Regeln einführen

können, etwa welche Kosten akzeptabel sind, wenn man die staatli-

che Förderung nutzen möchte. Geschehen ist das in gleich mehre-

ren Legislaturperioden nicht. Stattdessen hat es jede Regierung ge-

schafft, Riester mal um mal komplexer zu machen. Berufseinsteiger

werden lediglich mit

einer

einmaligen Zulage gefördert, zur Ankurbe-

lung des Wohnungsbaus kann man Gelder aus Riesterverträgen

entnehmen, was Anbieter dazu zwingt, parallel zum eigentlichen

Vertrag zusätzlich noch „Wohnförderkonten“ zu führen. Auch in der

bAV ist riestern möglich, was aber so komplex ist, dass es kaum an-

genommen wird. VL-Leistungen in Form von AVWL gehen über Riester

ebenfalls, aber auch das nicht flächendeckend, sondern nur über

bestimmte Tarifverträge. Für ein „Fitzelchen“ der Riesterbeiträge

darf dann auch noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) „in-

tegriert“ werden, was angesichts der geringen Durchschnittsbeiträge

weder das Renten- noch das BU-Problem des Kunden löst. Übertra-

gen darf man das dann alles auch noch – über

fünf

Anbietergrup-

pen hinweg, die bis dato nie gemeinsame Schnittstellen hatten.

Und im Scheidungsfall wird über den Versorgungsausgleich dann

auch noch alles schon säuberlich geteilt. Und lediglich am Rande

zu erwähnen wären dann auch noch weitere Bürokratiemonster wie

der bei allen Anbietern allseits beliebte Zungenbrecher „Beitrei-

bungsrichtlinienumsetzungsgesetz“ … Nichts davon haben Versi-

cherer, Banken oder Fondsanbieter gefordert, sich gewünscht oder

gar in die Produkte einkalkuliert. Mittlerweile gibt es kein Produkt in

der Altersvorsorge, das noch komplexer ist. Keines. Der Staat hat in

puncto Komplexität damit in nicht einmal 15 Jahren geschafft, was

selbst alteingesessene Anbieter in hundert Jahren nicht geschafft

haben. Und nun beklagt die Politik die Mängel des eigenen Kon-

strukts. Statt diese aber anzugehen und Lösungen zu schaffen,

wirbt man für die „Abwicklung“ und hat sogar den Mut, gleichzeitig

mir einer „Deutschlandrente“ ein neues staatliches Konstrukt auf

der grünen Wiese zu errichten, weil der Staat sich gerade als guter

Altersvorsorge-Entwickler bei Riester dafür qualifiziert hat.

3. Riester erreicht Geringverdiener nicht?

Stimmt. Aber was ist die Lösung? Etwa die Deutschlandrente?

Seit Jahren erklären alle politischen Parteien, es könne ja wohl

nicht angehen, dass die Riesterrente auf die Grundsicherung an-

gerechnet werde und dass das einer der Haupthinderungsgründe

dafür sei, Riester in dieser Bevölkerungsgruppe zu etablieren. Wo

ist das Gesetz, das diesen offensichtlichen Webfehler beseitigt?

Man kann doch nicht ernsthaft 16 Millionen Riestersparern erklä-

ren, man lege das Thema nun ad acta und schaffe lieber etwas

ganz Neues. Das spricht weder für politisches Verantwortungsbe-

wusstsein noch für den Willen, auch für Sparer, die so vernünftig

waren, etwas für das Alter zurückzulegen, das Richtige zu tun.

Denn das bedeutet Detailarbeit und Kompromisse. Und damit

werden die Texte und Erklärungen zu lang für Aufkleber, Luftbal-

lons und Kugelschreiber am Wahlkampfstand.

4. Der Staatsfonds wird es richten?

Die neuen Ideen basieren unter anderem auf der Ansicht, Staaten

seien gute Asset-Manager, die besser, effizienter und billiger arbei-

ten als private Anbieter. Das sei mal dahingestellt. Aber es gibt ge-

nug Beispiele aus anderen Branchen, die zeigen, wie gut der Staat

wirklich managen kann. War der Telekommunikationssektor vor der

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