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GOLF TIME
|
3-2017
www.golftime.deTRAINING |
ZAUS & ZILL
LERNEN=
PHILOSOPHIE
DENKMODELL
Eine provokante Auseinander-
setzung mit dem Thema Lernen im Golfsport.
I
st es tatsächlich von Vorteil, frühere un-
günstige Lernerfahrungen zu reflektieren?
Mit dieser Fragestellung wollen wir uns sehr
provokant mit den Themen
Lernen
=Illusion
bzw.
Lernen
=Philosophie auseinandersetzen.
Dabei geht es nicht darum, philosophisch
Lernansätze zu bewerten, sondern Situatio-
nen zu beschreiben, um Ihnen die Möglich-
keit zu geben, Ihren eigenen Weg des Lernens
wieder neu zu entdecken.
In diesem Kontext benötigen Sie viel Mut,
da unsere innere Haltung zum Thema Lernen
durch unsere Biografie geprägt ist. Wir wün-
schen uns Ihrerseits eine interaktive Beteili-
gung, die dazu führen soll, dass Sie sich wieder
für die Welt des Lernens begeistern können.
Die zwei vermeintlich in der Kindheit verloren
gegangenen Haltungen, wie Ihre Entdecker-
freude und Ihre Gestaltungslust, gilt es dabei
aufs Neue zu entfachen, um einem unserer
wichtigsten basalen Bedürfnisse gerecht zu
werden, dem nach eigenem Wachstum.
MIT BEGEISTERUNG LERNEN
Golf und viele
andere motorische Tätigkeiten gehen immer
dann leicht von der Hand, wenn unbewusst
motorische Programme ins Spiel kommen. Die
Aktivierung der dafür benötigten Netzwerke
im Hirn erfolgt dabei 300 Millisekunden zuvor.
Könnten Sie fließend schnell sprechen, wenn
Sie Ihrer Zunge immerzu aktive Kommandos
für die Position im Gaumen geben würden?
Sicherlich nicht. Wie genau und wie schnell Sie
Ihre Zunge bewegen, ist Ihnen nicht bekannt.
Nehmen Sie als Golfspieler bitte ohne
Rückhalt die Gestalt eines Experten für Ihr per-
sönliches Lernen ein, erkennen Sie kausale
Zusammenhänge, wie Sie selbst und Ihr Ler-
nen tatsächlich funktionieren können. Tun Sie
es aber mit Begeisterung, tun Sie es so, wie Sie
es für richtig erachten, und vertrauen Sie dabei
Ihren Instinkten.
Könnte es sein, dass wir der Begrifflichkeit
der „
Lern
-Illusion“ im motorischen Kontext
schon auf der Spur sind? Wir wollen den Dingen
jetzt etwas tiefer auf den Grund gehen. Die
Illusion, etwas zu lernen bzw. gelernt zu haben,
ist scheinbar etwas sehr tief in uns Verankertes.
Was sich für uns auf den ersten Blick wie Ler-
nen anfühlt, entpuppt sich auf den zweiten als
etwas für uns Bekanntes, nämlich als „Schule“.
Optimale Räume aus unserer Sicht sind,
wenn Sie als Spieler nicht zum Objekt eines
Entwicklungsbedürfnisses des Trainers werden,
sondern eine Begleitung und Unterstützung
bei Selbstwirksamkeitsprozessen erfahren, sich
als Subjekt fühlen dürfen. Die Begrifflichkeit
der Selbstwirksamkeit verstehen wir in dem
Maße, dass etwas von innen heraus selbst
initiiert wird. Nur dann, wenn Sie sich selbst in
der Rolle des Entdeckers und Gestalters wie-
derfinden, werden Ihre emotionalen Zentren
aktiviert, findet Lernen statt, so neurowissen-
schaftlich nachgewiesen. Ihre Begeisterung
dabei ist der Katalysator im Lernprozess, die
diesen wiederum erst auslöst. Sie gibt Ihnen
das Gefühl, ein eigenmächtiger Mensch zu
sein, der sich entfalten darf.
PRAXISBEISPIEL
Es sei uns an dieser Stelle
gestattet, für Sie ein wohlbekanntes, gegentei-
liges Praxisbeispiel zu reflektieren. Frau Müller,
eine enthusiastische Golferin mittleren Alters,
leidet in Ihrem Golfspiel unter dünn getroffe-
nen Bällen im Bereich des Chippens. In ihrer
Erwartungshaltung auf Lösung bedient sie
sich eines Experten, der ihr dies hochwissen-
schaftlich erklärt und aufgrund seiner beruf-
lichen Erfahrung sofort eine Lösung parat hat.
Frau Müller ist davon sehr angetan und sieht
schon vor ihrem geistigen Auge die Verbes-
serung zum Greifen nah. Ganz beeindruckend
liegen dann auch zeitnah, ca. 15 Minuten
später, mit Handlungsanweisungen des Fach-
manns gespickt, 6 von 10 Range-Bälle, gut
getroffen und sehr nah am Ziel. Begeistert von
ihrer Lerngeschwindigkeit bedankt sich Frau
Müller mit einem angemessenen Honorar
beim Fachmann und freut sich auf ihre zeitnah
anstehende Golfrunde.
Der Ausgang dieser Geschichte ist Ihnen
sicherlich bekannt. Was Frau Müller am nächsten
Tag bei ihrem eigenen Training erleben wird,
vernachlässigen wir in unserer Beschreibung.
Aus der Sichtweise des motorischen Lernens
jedoch wiederholen wir für Sie einen kleinen
Exkurs zu unserem letzten Artikel „Golf=Sport“,
und reflektieren noch einmal den Abschnitt
„Der Coach“: „Nur selbstentdeckte Lösungen
stehen dem Spieler auch am nächsten Tag in
einem motorischen Lernkontext weiterhin zur
Verfügung.“
Der Kompetenzerwerb als Mittelpunkt Ihres
Lernens sowie das gleichzeitige Entwickeln
Ihres Spiels schafft das gewünschte Wachs-
tum und macht Sie gleichzeitig ein bisschen
freier. Wachstum, auch an dieser Stelle als
Entwicklung verstanden, bedarf eines Exper-
ten, der es auslösen kann. Prof. Josef Leisen
beschreibt in diesem Zusammenhang, „dass
eine gute Aufgabenstellung des Lehrenden
der Motor einer förderlichen Lernumgebung
sein kann“. Die Rolle des Trainierenden wird
dann durch die gewählte Aufgabenstellung des
Trainers und die daraus resultierende Lern-
situationzugedeckt.DerTrainerfindetseineRolle
wiederum im Entwicklungsprozess durch die
Schaffung einer günstigen Lernatmosphäre –,
klug gestellte Fragen und eine durch Abstand
gekennzeichnete, zurückhaltende Beobachtung
sowie Reflektion. Entwicklung im Golf=Sport
braucht ihre Energie und ihre Zeit.
INTERAKTION GEWÜNSCHT
Sie möchten Ihr
Golfspiel für sich neu entdecken und weiter-
entwickeln? Hierfür wünschen wir uns als Trai-
nerteam Interaktion. Gemeinsames Arbeiten
bedeutet Lernen und sorgt gleichzeitig für
nachhaltige Entwicklung. Sollten Sie sich für
unsere beschriebene Thematik begeistern, sind
Sie herzlichst eingeladen, uns über unsere
Facebook-Seiten zu kontaktieren.
GT
INFO:
Den ausführlichen Artikel finden Sie
unter
www.golftime.deim Bereich Training.
ERFOLGS-DUO
Marco Zaus (l.)
und André Zill