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wie herausfordernd die Schritte

waren, die die jungen Frauen ge-

hen mussten, um ihrem Herzens-

wunsch und ihrer Berufung in das

Ordensleben zu folgen, wie viel

Kraft und Mut sie das gekostet hat.

Nicht wenige haben sich der Familie

bewusst entgegenstellen müssen,

um dem Ruf ins Kloster zu folgen.

Alle haben jahrelange Ausbildungen

und Studien auf sich genommen,

um gemäß der Ordensregel, Men-

schen zu dienen. Und das zählt in

Indien.

Die Breite der folgenden beruflichen

Erfahrungen ist beeindruckend:

Mehrere erlernte und ausgeübte

Berufe, Orts- und Klosterwechsel,

um dort zu arbeiten, wo sie gerade

gebraucht werden, als Seelsor-

gerinnen und medizinische Fach-

kräfte, als Lehrerinnen und nahe den

Menschen mit HIV und Lepra. Ob

sie das nicht auch überfordert habe,

diese Frage stand im Raum. „Der

Glaube hat mir Kraft geschenkt“,

oder „die Gemeinschaft hat mich

getragen“ und „es ist wichtig, dass

jemand diese Aufgaben tut“ – so

lauteten die Antworten.

DiemeistenOrdensfrauen beschrie-

ben den Schritt nach Deutschland

als eines der markantesten Ereig-

nisse ihres Lebens: „Es war nicht

einfach, im Gehorsam heraus-

zugehen aus einer Arbeit, die ich

liebte, in ein fremdes Land mit einer

völlig anderen Kultur“, so der all-

gemeine Tenor. Die Teilnahme am

Sprachkurs befähigte die indischen

Frauen, sich mit den Mitarbeitern im

Seniorenhaus bekannt zu machen.

„Im Sprachkurs fiel die Verständi-

gung leichter, weil alle langsamer

sprechen und aufeinander hören“,

bekannte eine Schwester, „doch

im Alltag sprechen alle so schnell,

dass ich nur mit Mühe verstehe und

auch nur schwer verstanden werde,

weil die Kollegen kaum Zeit haben,

mir zuzuhören.“ Die Verständigung

ist ein noch langer Lernweg. Alle

Schwestern sprechen weitere

Sprachen: Neben Deutsch und

Englisch beherrschen sie Hindu

und Malayalam sowie mindestens

einen weiteren indischen Dialekt.

Dass es in Deutschland neben

Deutsch auch Kölsch zu sprechen

gibt, erheiterte sie ungemein.

Zeit zum Austausch

Überhaupt herrschte eine fröhliche

Stimmung in dieser neuen ‚Ge-

meinschaft der Gemeinschaften‘.

Intensiv genossen sie die Gegen-

wart der anderen Ordensfrauen

und sprachen über alles, bis hin

zu Kleiderfragen: „Und was tragt

ihr sonntags?“ Ein Strahlen lebte

in den Gesichtern auf, wenn sie

berichteten, dass sie zu Hause der

Tradition gemäß den Sari tragen,

das vielseitige bunte Wickeltuch,

und ohne Schleier unterwegs sind:

„Den tragen wir ja nur euch zuliebe,

weil das hier so üblich ist“, erklärten

sie uns.

Kulturelle Besonderheiten nehmen

die Schwestern gerne auf: Gemein-

sam feierten sie mit Diakon Wolf-

gang Allhorn die Eucharistische

Andacht in der Schönstattkapelle,

um ihn anderntags mit einer Pa-

pierblume zum Internationalen

Frauentag zu überraschen. Das

regnerische Eifelwetter verkürzte

den Fußweg zur Bruder-Klaus-Ka-

pelle in Wachendorf, konnte aber

die Freude an dem ungewöhnlichen

Wallfahrtziel nicht dämpfen.

Typisch deutsch – typisch indisch

wird in einem der nächsten Se-

minare ein wichtiges Thema sein.

Die dreiteilige Seminarreihe ‚Behei-

matet bei den Cellitinnen‘ wird im

Sommer fortgesetzt.

CellitinnenForum 2/2017

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Glauben | Leben