Vor 60 Jahren war das Dasein als
Hausfrau in der jungenBundesrepu-
blik der ganz normale Lebensplan
der meisten Frauen. Sie heirateten,
bekamen Kinder und kümmerten
sich um deren Erziehung, um Haus
oder Hof. Viele Frauen hatten zwar
einen Schulabschluss und eine ab-
geschlossene Ausbildung, sie ar-
beiteten als Sekretärin, Verkäuferin
oder in sozialen Berufen – sobald
die Kinder kamen, blieben sie zu
Hause. Erinnern wir uns: Bis Mitte
der Siebziger durften Frauen nicht
ohne Zustimmung ihres Mannes
arbeiten, der Ehemann konnte auch
gegen den Willen der Frau ihre Ar-
beitsstelle kündigen und seine Frau
zur Arbeit im Haushalt verpflichten.
Da half auch der schlichte Satz im
Grundgesetz „Männer und Frauen
sind gleichberechtigt“ nichts. Viele
Frauen fanden sich mit dieser Rol-
lenverteilung ab oder gingen sogar
in ihr auf, andere suchten sich in
ihren Ehen Nischen: Bestenfalls
gaben sie ihr ‚Ich‘ nicht auf und
engagierten sich entsprechend
ihren Neigungen und Fähigkeiten
oder blieben berufstätig, was aller-
dings durch die mangelnden Mög-
lichkeiten der Kinderbetreuung fast
unmöglich war.
Bildung als Schlüssel
Eine, die zunächst selbstbewusst
im Beruf ‚ihren Mann‘ stand und
später zu Hause mit vier Kindern
eine Ehe auf Augenhöhe führte,
ist Luzia Beckmann. In den Wirt-
schaftswunderjahren besuchte die
gebürtige Rheingauerin nach dem
Abitur in Wiesbaden die Abend-
schule, um Auslandskorrespon-
dentin zu werden. Die englische
Sprache hatte es ihr schon früh
angetan, schließlich hatte man
in den USA Verwandte. Ein Uni-
versitätsstudium kam wegen der
hohen Kosten nicht infrage.
In dieser Zeit lernte sie ihren späte-
ren Mann Paul-Heinz kennen. Hei-
raten? Ja, gerne, aber noch nicht so
bald. Zunächst stand die berufliche
Karriere an. Die junge Frau kam bei
einer amerikanischen Bank unter.
Sie liebte ihren Job und die damit
einhergehende Unabhängigkeit.
Mit 25 Jahren traten Paul-Heinz und
sie dann vor den Traualtar. Schnell
kamen drei Kinder, das vierte ließ
sich dann acht Jahre Zeit. 1960
zog die Familie nach Niederkas-
sel bei Bonn in eine sogenannte
‚Nebenerwerbssiedlung‘. „Jeder
Platz in Texas war mir bekannter als
Niederkassel“, erinnert sich Luzia
Beckmann. In den 14 Siedlerhäu-
sern gab es 40 Kinder und wenig
Anregendes für eine Frau, die sich
immer für Politik, Kultur und gesell-
schaftliche Themen interessierte.
„Die Zeit war für mich nicht einfach,
aber wegen der Kinder auch sehr
schön“, erinnert sie sich.
Den eigenen Weg nicht verlieren
Aus der Reihe: Lebenswege
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CellitinnenForum 4/2017
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