Künstliche Beatmung macht vielen
Menschen Angst, obwohl dadurch
Leben gerettet wird. Das schein-
bar Einfachste auf der Welt – das
selbstständige Luftholen – funk-
tioniert nicht mehr. Geräte stellen
für eine bestimmte Zeit die ausrei-
chende Versorgung mit Sauerstoff
sicher. Die Gründe sind vielfältig.
Meist liegt eine schwere Lungen-
erkrankung vor, die sich durch eine
komplikationsreiche Operation
oder durch eine schwere Lungen-
entzündung verschlechtert. Dabei
kommt es bei einem Teil dieser
oft über lange Zeit beatmeten,
schwerkranken Patienten schnell
zu einer Gewöhnung des Kör-
pers an die künstliche Beatmung
und häufig auch an die dafür not-
wendigen Schlaf-, Schmerz- und
Narkosemittel, die den Patienten in
das sogenannte künstliche Koma
versetzen.
Der Weg zurück zum selbststän-
digen Atmen und die Entwöhnung
von dieser maschinellen Beatmung
heißt ‚Weaning‘. Damit verbunden
ist auch das langsame Absetzen
von Schmerz- und Beruhigungs-
mitteln, damit der Patient wach
und ansprechbar ist. Am Kölner
St. Marien-Hospital ist das Wea-
ning Zentrum der Lungenklinik
Köln-Nord in den Räumlichkeiten
der Intensivstation integriert. Ein
umfassendes Konzept stellt die
Zusammenarbeit von Ärzten, Pfle-
gekräften, Physiotherapeuten,
Logopäden, Atmungstherapeuten
und des Sozialdienstes bei der Be-
atmungsentwöhnung sicher.
Schnelle Entwöhnung
Bei Patienten, die für eine Entwöh-
nung in Frage kommen, wird immer
wieder geprüft, ob die maschinelle
Beatmung möglichst rasch be-
endet werden kann. Zuvorderst
steht nach erfolgreicher Therapie
der Grunderkrankung die Suche
nach den Ursachen für die weitere
notwendige künstliche Beatmung.
Diese sind vielfältig und reichen von
neurologischen Gründen wie Atem-
antriebsstörungen bis zum Abbau
der für das Atmen notwendigen
Muskulatur.
Deswegen ist ein langwieriges Trai-
ning der Atemmuskulatur durch das
Aussetzen der aktiven Beatmung
imWechsel mit einer gleichzeitigen
Entlastungder Atemmuskulatur not-
wendig. Sind die ersten Versuche
einer Beatmungsentwöhnung ohne
Erfolg, so kann eine ‚Tracheotomie‘
eine gute Lösung sein. Dabei wird
ein Luftröhrenschnitt oberhalb der
Schilddrüse gemacht. In diesen
wird ein Schlauch zur Beatmung
eingeführt. Der Patient kann danach
wieder sprechen und essen. Für
das Erlernen der Spontanatmung
muss er klinisch stabil sein und darf
nicht von kreislaufunterstützenden
Maßnahmen beeinträchtigt sein.
Atmungstherapeuten
Eine besondere Stellung im Team
nehmen die Atmungstherapeuten
ein. Diese erarbeiten Beatmungs-
und Entwöhnungsstrategien in
Zusammenarbeit mit den Ärzten
und wählen geeignete Beatmungs-
geräte aus. Außerdem schulen
sie Patienten und Angehörige,
wechseln die Trachealkanülen und
Die einfachste Sache der Welt?
Zertifiziertes Weaning Zentrum im St. Marien-Hospital
CellitinnenForum 3/2017
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Medizin | Betreuung