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übernehmen weitere vielfältige Auf-

gaben wie die Aufstellung eines

Trainingsplans für das Atmen, der

jeden Tag mehrfach im Team der In-

tensiv- undWeaningstation bespro-

chen wird. Dabei wird entschieden,

bei welchen Patienten ein erneuter

Versuch der spontanen Atmung

gestartet werden kann. Begonnen

wird mit einer Dauer von maximal

zwei bis fünf Minuten alle zwei bis

drei Stunden. Ist dieser erste Ver-

such erfolgreich, so wird nach und

nach unter fachlicher Aufsicht die

maschinelle Beatmung ausgesetzt.

Dabei werden die Zeiten ohne Be-

atmung entsprechend ausgedehnt.

Oberstes Ziel des Weaning Zen-

trums ist eine höhere Lebensqualität

der Patienten durch selbstständi-

ges Atmen. Dazu gehört die Kom-

munikation. Sich endlich wieder

verständlich machen zu können,

bedeutet viel. Dieses unterstützen

die Logopäden, indem sie den Um-

gang mit Sprechkanülen und Buch-

stabenzeigetafeln mit den Patienten

üben. Außerdem prüfen sie, ob er-

folgreich spontan atmende Patien-

ten wieder Nahrung zu sich nehmen

können oder Schluckprobleme eine

Entwöhnung erschweren. Zudem

bieten Physiotherapeuten den zum

Teil übergewichtigen Patienten spe-

zielle Atemgymnastik oder wichtige

Mobilisation aus dem Bett an.

Im Bereich der Pflege kümmert sich

jeweils eine der umfassend weiter-

gebildeten Pflegekräfte intensiv um

drei Patienten. Dabei sind für Be-

reiche wie beispielsweise Schmerz-,

Medikamenten- undNotfallmanage-

ment oder Hygiene feste Experten

zuständig, die innerhalb des Teams

ihr Wissen weitergeben.

Fallbeispiel

2016 wurden mehr als 120 Pa-

tienten im Weaning Zentrums am

St. Marien-Hospital behandelt. Ein

Großteil der Patienten konnte erfolg-

reich von der Beatmung entwöhnt

werden und führt wieder ein eigen-

ständiges Leben, wie beispielswei-

se Franz-Josef Heisterkamp. Der

84-Jährige wurde Ende Juli 2016

aus einem anderen Krankenhaus in

das Weaning Zentrum der Lungen-

klinik Köln-Nord verlegt. Nach einer

gefäßchirurgischen Operation eines

Aneurysmas musste Heisterkamp

wiederbelebt werden. Zwischen

Rippenfell und Lungen hatte sich

zusätzlich Luft angesammelt, die

die Lunge an der kompletten Aus-

dehnung hinderte. Außerdem kam

es zu einer Blutung in die Brust-

höhle, verkompliziert durch eine

schwere beidseitige Lungenent-

zündung. Die ersten Versuche, die

Beatmung auszusetzen, waren

erfolglos. An ein normales Leben

wie vor der Operation war kaum zu

denken. Der Patient musste weiter

beatmet werden.

Auf der Intensivstation des St. Ma-

rien-Hospitals gelang dem Team

des Weaning Zentrums unter der

ärztlichen Leitung des Chefarztes

Dr. Andreas Schlesinger und des

zuständigen Oberarztes Dr. Peter

Liesegang schließlich die komplet-

te Entwöhnung vom Beatmungs-

gerät. Mittlerweile atmet Franz-Jo-

sef Heisterkamp wieder ganz ohne

Unterstützung. Er ist gut zu Fuß und

genießt die Zeit mit seiner Familie.

Einen Einkaufsbummel mit seiner

Frau in der Kölner Innenstadt nutze

er, um sich beim Team der Intensiv-

station zu bedanken. Von seinem

Aufenthalt und dem Weaning sind

ihm außer dem Piepsen der Über-

wachungsmonitore besonders die

Freundlichkeit und Ruhe des ge-

samten Teams in Erinnerung ge-

blieben.

Franz-Josef Heisterkamp mit dem Pflegeteam

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CellitinnenForum 3/2017

Medizin | Betreuung