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Platon hat eine Typologie von Ärzten entwickelt und unterscheidet des
Sklavenarzt, der vom Patienten Gehorsam verlangt, den Arzt für Freie, der
seinen Patienten seine Behandlung erklärt und den Arzt als medizinisch gebil-
deten Laien, der für seine Gesundheit und Krankheit selbst verantwortlich ist.
Im Mittelalter werden Gesundheit und Krankheit in heilsgeschichtlicher
Dimension gesehen. Dabei wird Gesundheit eher als die Fähigkeit verstanden,
Krankheit und Leid zu ertragen und hinzunehmen. Das Mitgefühl des Arztes
mit dem Leidenden wird hoch eingeschätzt, das Arztbild ist auf Christus, den
Heiland (Christus medicus) hin orientiert.
Der Paradigmenwechsel der Neuzeit bringt auch ein neues Verständnis
und Ideal von Gesundheit. Gesundheit, Lebensqualität, Jugend und Schönheit
werden im Diesseits gefordert, auch wenn Gesundheit als etwas erscheint, das
stets von Neuem erworben werden muss. Mit der Auffassung des Paracelsus
von Gesundheit und Krankheit ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Heil-
kunde (scientia) und Heilkunst (ars), das die Medizin von der Neuzeit bis zur
Gegenwart durchzieht, wobei sich der Schwerpunkt immer mehr zur Heilkunde
als wissenschaftliche Disziplin verschoben hat. Aufklärung, Verwissenschaftli-
chung, öffentliche Organisation im Gesundheitswesen lassen den Gesundheits-
begriff umfassender werden, und prägen neben dem Begriffspaar Gesundheit
und Krankheit einen sozial verfassten Gesundheitsbegriff.
Speziell der aufgeklärte Absolutismus hat wohlfahrtsähnliche Ansätze mit
einem obrigkeitlichen Dirigismus verbunden, der heute noch das Gesundheits-
wesen dominiert und im Versicherungssystem und den staatsmedizinischen
Regulationen seinen Ausdruck findet.
Mit der von Virchow vertretenen Zellularpathologie geht auch der Übergang
vom philosophischen zum naturwissenschaftlichen Zeitalter einher, der auch
kennzeichnend ist für die Verwandlung einer präventionsorientierten in eine
interventionszentrierte Heiltechnik. Gesundheit und Krankheit werden zuneh-
mend in einer, dem naturwissenschaftlichen Modell angeglichenen statistischen
Norm erfasst. Die Einführung physikalischer und chemisch-diagnostischer
Methoden lassen Krankheiten immer mehr als Funktionsstörungen einzel-
ner Organe erscheinen. Der Mensch wird zunehmend zu einem Objekt, die
Krankengeschichte zu einer Krankheitsgeschichte, was sowohl als Beschreibung
als auch als Warnung verstanden werden kann. H. Schipperges konstatiert, dass
wir „im Zeitalter eines fortschreitendenWissenschaftswahnes erfahren müssen,
wie sehr ohne Bewusstsein um die Grenzen und ihre Kriterien die Heilswissen-
schaft zu einem unheilvollen Unternehmen werden kann“.




