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CellitinnenForum 2/2015
Die Ausbildung junger Chirurgen
und anderer operativ tätiger Ärzte
erfolgt, neben der Vermittlung theo-
retischen Wissens, größtenteils im
Operationssaal, um vor Ort Wissen
zu erlangen und praktische Fähig-
keiten einzuüben. Insbesondere das
Erlernen von Operationsverfahren
mit ihren unterschiedlichen Abläu-
fen, technischen Besonderheiten
und der dazugehörigen Anatomie
wird durch das Assistieren im OP
vermittelt. Aber auch heute geht es
nicht ganz ohne das Studium von
sogenannten ‚Operationslehren‘.
Diese ‚Operationslehren‘ sind
traditionell vielbändige gedruckte
Werke, die mit hohem Aufwand –
insbesondere was die Operations-
zeichnungen angeht – angefertigt
wurden und werden. Mittlerweile
haben sich, insbesondere durch
die Nutzung vieler medialer Mög-
lichkeiten, in den letzten Jahren
neue Lehrformen entwickelt: Ne-
ben der althergebrachten Aus-
führung in Form von mehrbändi-
gen Büchern, wurden zunächst
die gleichen Werke auch als DVD
herausgebracht. Das spart die
Druckkosten und vergünstigt die
Anschaffung. Trotzdem bleibt der
hohe Produktionsaufwand, was
eine Aktualisierung schwierig und
teuer macht. Als weitere Option
wurden in den letzten Jahren so-
genannte ‚Online-OP-Lehren‘ ent-
wickelt. Neben Text und Bild bieten
diese nun auch bewegte Bilder und
ganze Videosequenzen von Opera-
tionen an, was das Lernen unter-
stützt und das Lernergebnis ver-
bessert. Der im Film festgehaltene
Operationsablauf hat den großen
Vorteil, dass der Eingriff nicht nur in
grob gerasterten Einzelbildern dar-
gestellt wird. Vielmehr können alle
wesentlichen Schritte als bewegter
Ablauf miterlebt, besser nachemp-
funden und verinnerlicht werden.
Ein weiterer Vorteil der ‚Online-OP-
Lehren‘ liegt aber auf der Hand.
Durch die einfache Verbreitung via
Internet können viele Interessenten
problemlos und auf direktem Weg
erreicht werden. Jeder
hat nun die Mög-
lichkeit, ihn aktuell
interessierende
Operationen mehr-
fach anzuschauen.
Diese Form der Wis-
sensvermittlung
ist sicherlich
auf dem Vor-
marsch. In vie-
len Bereichen
hat sie schon
die
alther-
gebrachte Form der
gedruckten Operationslehren
abgelöst. Gerade im Bereich der
laparoskopischen Operationen –
der sogenannten Schlüsselloch-
operationen – ist diese Wissens-
vermittlung schon weit verbreitet,
da die Operationen ohnehin unter
Kamerasicht erfolgen. Der Lehrfilm
entsteht gewissermaßen als Neben-
produkt zur eigentlichen Operation.
So ist es heute möglich, einemSpe-
zialisten am anderen Ende der Welt
bei einer Operation quasi auf die
Finger zu schauen. Eine Entwick-
lung, die in vielen Bereichen am An-
fang steht, aber eine rasante Fahrt
aufgenommen hat. Welche Be-
deutung diese Form der Wissens-
vermittlung hat, zeigt ein Beispiel:
Unter Mitwirkung von Professor Dr.
Götz Lehnerdt, Chefarzt der Klinik
für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,
Kopf- und Hals-Chirurgie an der St.
Anna-Klinik in Wuppertal, entstand
unter Federführung der Universität
Kapstadt/Südafrika eine HNO-
Operationslehre,
die von jungen
Medizinern in Ent-
wicklungsländern
kostenlos im In-
ternet abgerufen
werden kann.
„Das geniale an
diesem Projekt
ist, dass der vor-
handene Wissens-
durst der Kollegen in
Entwicklungsländern
über das Internet effizient
und kostengünstig bedient
werden kann. Paradoxerweise
fehlen in jedem ‚Buschkranken-
haus‘ zwar gute medizinische Bü-
cher, ein Zugang zum Internet ist
jedoch vorhanden. Auch auf diese
Weise kann in solchen Ländern
effektiv medizinische Entwicklungs-
hilfe geleistet werden“, so Professor
Lehnerdt.
Via Internet Wissen vermitteln
Online-OP-Lehre eröffnet neue Möglichkeiten der Medizinerausbildung
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