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Literaturrecherche, die Gruppen-

diskussionen der vergangenen

Treffen und die Beobachtungen der

Wissenschaftler im Lebensumfeld

von Demenzerkrankten in Senio-

renhäusern, unter anderem in der

Cellitinnen-Einrichtung St. Monika,

wissenschaftlich ausgewertet und

zusammengefasst.

„Die Spiegelung unserer Arbeit tut

uns sehr gut“, meint der Leiter des

Cellitinneninstituts für Qualitäts-

sicherung Anselmo Knoblauch.

„Die bisherigen Ergebnisse des

Projekts zeigen uns, dass wir nicht

nur auf dem richtigen Weg sind,

sondern seit Jahren schon vieles

von dem umsetzen, was wir hier

erarbeitet haben. Bereits vor zehn

Jahren haben wir beispielsweise

das mäeutische Modell eingeführt,

das die Intuition der pflegerisch

Tätigen stärkt und hilft, die Kom-

munikation zwischen Demenz-

erkrankten, Pflegenden und An-

gehörigen zu verbessern und die

Lebensqualität für den Erkrankten

in den Vordergrund zu rücken. Mit

den Bewohnerfallbesprechungen

und ethischen Konsilen in den

Häusern haben wir die Möglichkeit

geschaffen, Probleme und offene

Fragen zu diskutieren und gemein-

same Lösungen zu finden.“

Dass die Empathie der Mitarbeiter

ein Hauptkriterium für eine gute

Pflege demenziell Erkrankter ist,

steht für die Experten des For-

schungsprojektes außer Frage.

Genau hier liegt allerdings auch

die Schwierigkeit für die wissen-

schaftliche Beschäftigung mit dem

Thema: Anders als die Naturwis-

senschaften, ist Einfühlungsver-

mögen schwer zu fassen. Es zu

systematisieren ist schwierig, doch

mit der Arbeitshilfe wird erstmals ein

Versuch unternommen, alle bisheri-

gen Erkenntnisse zu sortieren und

miteinander zu verknüpfen.

Blick über den Tellerrand

Auch in der Forschung macht es

Sinn, einen Blick über den Teller-

rand zu werfen. Der Blick über die

deutschen Grenzen zeigt, wie un-

terschiedlich das Thema ‚Palliative

Care‘ und Demenz alleine in den

europäischen Nachbarstaaten be-

urteilt wird. Auf dem letzten Treffen

der Forschungsgruppe in Berlin

nahmen Experten aus dem Aus-

land teil. Dabei stellte sich heraus,

dass Deutschland den Vergleich auf

internationaler Ebene nicht scheuen

muss. „In der Auseinandersetzung

mit dem Thema sind wir schon sehr

weit, wobei auch deutlich wurde,

dass unsere Nachbarn zum Teil

einen anderen Blickwinkel auf das

Thema haben oder einen anderen

Ansatz verfolgen. Die Niederlande

gehen das Problem zunächst sehr

medizinisch an, wir dagegen stellen

das Verhalten in den Mittelpunkt.

Einige Länder verstehen Demenz

als anerkannte Krankheit, andere

als einen Gemütszustand“, er-

läutert Anselmo Knoblauch einige

Unterschiede. Und das zeigte

die Tagung auch: In Deutschland

stehen die stationären Einrichtun-

gen vor einem Dilemma. Sie sind

bemüht, ein System zu bedienen,

das dem Anspruch der Bewohner

auf höchstmögliche Lebensqualität,

den Anforderungen der Pflege- und

Krankenkassen, den Ansprüchen

der Angehörigen und der Gesell-

schaft gerecht wird. Das ist ein

hehres Ziel, tatsächlich stoßen die

in der Pflege Tätigen dabei schnell

an ihre Grenzen. Beispielsweise ist

das Bedürfnis nach allumfassender

medizinischer Versorgung für den

Demenzerkrankten nicht zwangs-

läufig deckungsgleich mit dessen

Bedürfnis nach möglichst hoher

Lebensqualität. Den Pflegenden in

solchen Fällen mit dem Leitfaden

eine Entscheidungshilfe an die Hand

zu geben, ist ein weiteres Ziel der

Forschungsgruppe. Zusätzlich kön-

nen die Ergebnisse dazu beitragen,

verunsicherten Angehörigen, Ver-

tretern von Kostenträgern, externen

Qualitätsprüfern und interessierten

Bürgern Informationen über die Be-

dürfnisse von Demenzerkrankten zu

liefern, damit alle zum Wohle des

Bewohners an einem Strang ziehen.

Elke Ferner, Parlamentarische

Staatssekretärin im BMFSFJ

CellitinnenForum 2/2015

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Medizin | Betreuung