CellitinnenForum 4/2016
29
Seine Volkstümlichkeit ist kaum zu
überbieten – den hl. Nikolaus kennt
im wahrsten Sinne des Wortes
jedes Kind. Eine Vielzahl von Le-
genden und Geschichten sind welt-
weit verbreitet. Das ganze Erzählgut
über ihn handelt vor allem von den
guten Taten des Heiligen, der die
Menschen in vielerlei Hinsicht be-
schenkt – mit gutem Rat, Fürsorge
und Beziehung, mit konkreter Hilfe-
stellung. Dass wir selber schenken
und beschenkt werden, dass je-
mand selbst durch seine Liebens-
würdigkeit und Eigenart anderen
zum Geschenk werden kann – es
gibt doch kaum Schöneres. Dazu
kommt, dass wir die wichtigsten
Dinge im Leben eben nicht selber
machen können, so dass wir sie
uns schenken lassen müssen.
Nicht von ungefähr war in früheren
Zeiten der Gedenktag des hl. Ni-
kolaus am 6. Dezember Anlass zur
Bescherung. Tief ist dieses Brauch-
tum auch nach wie vor verwurzelt,
wenn kleine und große Kinder ihre
Schuhe oder Stiefel am Nikolaus-
abend vor die Zimmertür stellen, um
sie am nächsten Morgen mit guten
Gaben gefüllt zu sehen. Schenken
und beschenkt werden lenkt den
Blick vom Nikolaustag hin auf den
Advent und auf das Weihnachts-
fest. Der Advent ist die Zeit der Vor-
bereitung auf das Weihnachtsfest.
Dann werden wir beschenkt mit
der Geburt Jesu Christi. Gott hat
ihn, seinen Sohn, als Offenbarung
seiner Liebe, Güte und Menschen-
freundlichkeit in die Welt gesandt,
„damit wir durch ihn leben“ (1.Joh
4,9).
Bischof von Myra
Die populäre Figur des Nikolaus ist
allgegenwärtig, während die histori-
sche Person des heiligen Bischofs
dagegen eher dürftig überliefert ist.
Gesichert ist die Existenz eines
Bischofs von Myra in Kleinasien,
dem heutigen Demre, der wahr-
scheinlich in der ersten Hälfte des
vierten Jahrhunderts lebte. Aller-
dings vermischten sich die Berichte
über seine Wundertaten bald mit
denen eines gleichnamigen Abtes
und Bischofs des sechsten Jahr-
hunderts, der ebenfalls in der his-
torischen Landschaft Lykien im
Südwesten der heutigen Türkei
lebte und wirkte.
Dass der hl. Nikolaus sozusagen
aus zwei Personen zusammen-
gesetzt ist, hatte dann auch Aus-
wirkungen auf die liturgische Form
seiner Verehrung. Nach dem Zwei-
ten Vatikanischen Konzil wurde
wegen dieser historischen Unein-
deutigkeit der Gedenktag aus dem
Römischen Generalkalender ent-
fernt. Der Brauchtumsfigur
tat dies aber keinen
Abbruch,
wenn auch immer mehr der ‚Weih-
nachtsmann‘ als Kunstfigur der in-
dustriellen Werbewelt und ‚säkula-
res Derivat‘ des hl. Nikolaus in den
Vordergrund getreten ist.
Die kultische Verehrung hat ihren
Ursprung in der griechisch ge-
prägten Kirche des Ostens. Dort
entstanden noch vor der Jahrtau-
sendwende die Bezeichnungen
eines ‚Hyperhagios‘ und ‚Thauma-
turgs‘, also eines herausragenden
Heiligen und Wundertäters. In der
westlichen Hemisphäre der Kirche
Wegbegleiter des Lebens XXIV. Teil
Der hl. Nikolaus
Glauben | Leben