Das erfahrungsbezogene Lernkon-
zept Kinästhetik hilft, Bewegungen
bewusster wahrzunehmen und
als Ressource für die eigene Ge-
sundheitsentwicklung zu nutzen.
Wir bewegen uns normalerweise
selbstverständlich und unsere Auf-
merksamkeit liegt auf der Aktivi-
tät (z. B. anziehen) oder ist auf ein
Ziel hin ausgerichtet. Die innere
Wahrnehmung von Bewegung da-
gegen geschieht über Rezeptoren
in den Muskeln, Gelenken und
Sehnen, über die Tiefensensibilität
oder das Gleichgewicht. Das be-
zeichnen wir als ‚kinästhetisches
Sinnessystem‘. Es ist ein direkter
Rückkopplungsprozess, der bei ge-
sunden Menschen unbewusst ab-
läuft. Bewusste Wahrnehmung ge-
schieht erst, wenn Bewegung nicht
mehr reibungslos funktioniert oder
wir bestimmte Bewegungsabläufe
im Sport üben. Wir können unse-
re automatisierten Bewegungen
verändern und an die jeweilige
Situation anpassen. Die
Fähigkeit zur
Anpassung beeinflusst unsere Ge-
sundheit. Sie bietet uns die Mög-
lichkeit, rechtzeitig wahrzunehmen,
wannwir uns übermäßig anstrengen
oder zum Beispiel unserem Rücken
schaden.
Wenn wir andere Menschen in de-
ren Bewegungen unterstützen, ist
es besonders hilfreich, wenn sich
der zu pflegende Mensch im Rah-
men seiner Ressourcen selbst aktiv
einbringen kann. Die Art und Weise,
wie eine Unterstützung geschieht,
hat einen wesentlichen Einfluss auf
die Gesundheitsentwicklung, den
Lern- und Genesungsprozess und
ist außerdem eng verbunden mit
der Würde des Menschen. Somit
ist unsere eigene Bewegungswahr-
nehmung auch eine Ressource für
andere Menschen.
Kurse
Im Winter 2017/2018 begann im
Heilig Geist-Krankenhaus mit eini-
gen Schnuppertagen der ‚Kinästhe-
tische Bildungsweg‘ für Mitarbeiter
aus den Kölner Krankenhäusern.
Im Sommer 2018 fand der erste
Grundkurs statt.
Auch der zweite Grundkurs An-
fang dieses Jahres unter Leitung
der Trainerinnen Ursula Vogel und
Irmgard Reschke fand unter den 16
Teilnehmern begeisterte Anhänger.
An insgesamt vier Kurstagen ler-
nen die Teilnehmer verschiedene
Blickwinkel kennen, aus denen Ak-
tivitäten im Pflegealltag betrachtet
und analysiert werden können. Die
zuvor angeleiteten Bewegungser-
fahrungen aus Einzel- und Partner-
arbeit werden in Praxissituationen
beispielsweise am Bett oder mit
Rollstühlen umgesetzt und ein-
geübt. Um diese Erfahrungen in
die tägliche Arbeit übertragen zu
können, üben die Teilnehmer die
Aktivitäten aus den verschiedenen
Blickwinkeln mit ihren Patienten
und bringen diese Erfahrungen
am nächsten Schulungstag in die
Gruppe ein. Eine Kollegin antwortet
auf die Frage, welche Kernaussage
sie aus dem Grundkurs mitnimmt:
Bewegung bewusster wahrnehmen
Einsatz der Kinästhetik in der Pflege
Lehren | Lernen
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CellitinnenForum 2/2019