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„Big Data im Gesundheitswesen“

nahm Oxford-Professor Viktor Mayer-

Schönberger (links) zum Auftakt des ersten Kongresstages in den Blick. Profes-

sor Bernhard Pörksen verdeutlichte am zweiten Kongresstag, dass Smartphones

wie einst ein Tamagotchi die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer beanspruchen.

„Big Data ist so bedeutend wie die Aufklärung“

Strategien im Umgang mit der neuen Medienmacht

Beeindruckende Keynotes von Mayer-Schönberger und Pörksen zu Vernetzung und Vertrauen

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Spannende Impulse zu den

Tagesthemen „Vernetzung“ (am

Samstag) und „Vertrauen“ (am

Sonntag) vermittelten die Redner

Viktor Mayer-Schönberger (Oxford)

und Bernhard Pörksen (Tübingen)

zu Beginn der beiden Kongresstage.

„Big Data ist so bedeutend wie die Aufklä-

rung und eröffnet uns einen neuen Blick

auf die Welt“, sagte Oxford-Professor

Viktor Mayer-Schönberger in seiner Key-

note am ersten Kongresstag zum Thema

„Vernetzung“. Der international anerkann-

te Bestseller-Autor ist von der Hoffnung

getragen, dass mit der Menge der Daten

auch die Qualität steigt. „Das Ziel muss es

sein, Entscheidungen nicht gefühlsmäßig,

sondern rational zu treffen.“ Um aber aus

den riesigen Datenmengen neue Erkennt-

nisse zu gewinnen, benötigt man ein an-

deres Vorgehen, als zu Zeiten von „Small

Data“. Man müsse letztlich „die Daten

sprechen lassen“: Es gehe darum Mus-

ter zu finden, die einen Zusammenhang

zwischen Vorkommnissen herstellen, die

ursächlich gar nichts miteinander zu tun

haben müssen. Mayer-Schönberger: „Was

man dannmitunter findet, sind Korrelatio-

nen, keine Kausalitäten.“ Der Österreicher,

der am Oxford Internet Institute lehrt,

verdeutlichte dies an einem sehr eindring-

lichen Beispiel. Bei Frühgeborenen stellen

Infektionen ein großes Risiko dar. Könnte

man sie erkennen, noch bevor sich Symp-

tome zeigten und eine Antibiotikathera-

pie einleiten, würde das die Überlebens-

chancen der winzigen Patienten deutlich

verbessern. Die massenhafte Analyse von

Vitaldaten führte zu der erstaunlichen Er-

kenntnis, dass gerade eine Stabilisierung

der „Frühchen“ oft unmittelbar vor einer

solchen Infektion stehe. Warum es zu die-

ser Stabilisierung komme, sei den Wissen-

schaftlern nicht bekannt, sie könnten mit

diesem Wissen aber jetzt rechtzeitig eine

Antibiose einleiten.

Plädoyer für mehr Achtsamkeit

„Einen permanenten Zustand der Auf-

regung“ diagnostizierte Medienforscher

Professor Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

in seiner Keynote zu Beginn des zwei-

ten Kongresstages und forderte einen

achtsameren Umgang mit den digitalen

Medien ein. „Bei kognitiv anspruchsvol-

len Aufgaben brauchen wir nach einer

Ablenkung bis zu 25 Minuten, um unser

vorheriges Konzentrationsniveau wieder

erreichen zu können“, verdeutlichte der

„Professor des Jahres 2008“. Und allein

das Smartphone sorge täglich für bis zu

100 solcher Ablenkungen. Dagegen emp-

fiehlt Pörksen ein Konzept der Medien-

mündigkeit, das möglichst bereits an den

Schulen gelehrt werden solle.

Und was kann der Einzelne tun?

„Man sollte möglichst über eine Ritual-

und Regelbildung bewusst Offline-Inseln

schaffen und die Art der Kommunikation

vorleben, die wir uns selbst wünschen,

beispielsweise keine Smartphones beim

Essen zu benutzen“, so der Kommunika-

tionswissenschaftler. Nach dem „Prinzip

der Achtsamkeit“ müsse jeder für sich

selbst herausfinden, wann und in wel-

chem Ausmaß Medienkonsum ihm gut-

tue oder schade. Pörksen: „Letztlich ist es

wie mit dem Essen: Wer sich den ganzen

Tag wahllos mit Informationen vollstopft,

wird sich damit nicht unbedingt etwas

Gutes tun.“ <

WLAT IN MÜNSTER

10

/ AKWL

Mitteilungs

blatt

02-2017